#56 MKG-Chirurgie in der Schweiz – Prof. Dr. Florian Thieringer (Universitätsspital Basel) über Karriere und Auswandern
Shownotes
🔹 Wie gelingt der Sprung als MKG-Chirurg in die Schweiz?
🔹 Welche kulturellen Unterschiede sollte man als Arzt unbedingt kennen?
🔹 Wie läuft der Arbeitsalltag am Unispital Basel?
In dieser Episode spricht Prof. Dr. Florian Thieringer, Chefarzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie am Unispital Basel, über seine eigene Karriere, seinen Weg in die Schweiz und die besten Tipps für Mediziner, die ebenfalls auswandern wollen.
🎙️ Das erwartet dich in dieser Folge:
✅ Wie Prof. Dr. Thieringer seinen Weg in die Schweiz fand
✅ Die größten Unterschiede im Klinikalltag zwischen Deutschland und der Schweiz
✅ Warum eine Hospitation vor dem Wechsel Gold wert ist
✅ Kulturelle Fettnäpfchen vermeiden: So kommunizierst du erfolgreich in der Schweiz
✅ Einbürgerung ja oder nein? Sein persönlicher Weg zur Schweizer Staatsbürgerschaft
📌 Fazit: Wer als Arzt oder Ärztin in die Schweiz auswandern möchte, sollte gut vorbereitet sein – Prof. Dr. Thieringer teilt seine wertvollsten Erfahrungen und Learnings.
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00:00:00: Herzlich willkommen bei DocsGoSwiss, deinem Auswander-Podcast als Arzt oder Ärztin. Wir haben mit
00:00:13: dem Gedanken oder schon auf dem Weg in die Schweiz auszuwandern. Ich bin dein Gastgeber,
00:00:18: Martin Werner. Und ja, heute haben wir eine spezielle Folge. Wir sprechen zum einen fachlich
00:00:25: über die Kiefer, Mund- und Gesichtsschirurgie. Und das sagst du jetzt vielleicht, naja, das ist
00:00:30: ja überhaupt nicht mein Fachgebiet. Brauche ich mir die Folge nicht anhören? Nein, nein,
00:00:34: das würde ich dir unbedingt empfehlen, trotzdem dran zu bleiben. Wir haben nicht nur ein Professor,
00:00:40: Chefarzt dieser Fachrichtung hier sitzen, sondern wir haben auch jemanden, der viel,
00:00:45: viel Erfahrung hat mit dem Thema Auswandern in die Schweiz, also die auch auf dieser Ebene extrem
00:00:52: viel mitgeben kann. Also unbedingt dran bleiben bei unserem heutigen Gast, Professor Dr. Thieringer
00:00:59: vom Unispital Basel und ich heiße sie hiermit auch ganz, ganz herzlich willkommen in diesem Format.
00:01:05: Hallo. Hallo, Herr Werner. Ganz herzlichen Dank für die Einladung. Ich freue mich riesig,
00:01:10: heute mit dabei sein zu können und ein bisschen aus meinem Erfahrungsschatz fachlich und privat
00:01:18: mit Ihnen teilzugen. Sie haben ja schon eine ganz beachtliche Historie in der Schweiz. Sie sind
00:01:24: 2015/2016 in die Schweiz gekommen. Was waren zu dem Zeitpunkt so die Überlegungen privat und
00:01:36: beruflich in die Schweiz zu wechseln? Also tatsächlich bin ich schon viel länger in der
00:01:42: Schweiz. Ich bin als Student schon Anfang 2000 in Basel gelandet und familiär. Also das ist noch
00:01:51: so eine kleine Seitengeschichte. Ich kannte Basel schon viel früher. Ein Onkel von mir mit seiner
00:01:56: Familie wohnt hier in Basel schon seit vielen Jahrzehnten und deshalb hatte ich auch schon
00:02:02: als Kind Kontakt und im Rahmen meines Medizinstudiums, ich bin Mundgeber und Gesicht zurück, bin ich dann
00:02:09: über meinen damaligen Chef, Franz Florenz Heilhofer, von München in Basel gelandet. Das war schon Anfang
00:02:15: 2000. Dann habe ich noch mein Studium fertig gemacht und bin dann um 2008 rum, dann final im
00:02:23: Basel gelandet. Also war die Karriere der Weg in die Schweiz ja schon vorgezeichnet oder was hat
00:02:31: sie dann auch noch mal so an Basel gereizt fachlich vielleicht? Also initial war es ja nicht klar,
00:02:37: dass wir hier in der Schweiz bleiben würden. Also die ersten Jahre da hatten wir immer noch damit
00:02:43: gerechnet, dass eventuell unser mein Chef, der dann von München nach Basel berufen wurde Anfang
00:02:50: 2000, sich vielleicht nochmal an einen anderen Ort bewerben könnte und nachdem sich dann immer
00:02:57: mehr herauskristallisiert hatte, dass er im Basel bleiben würde, dann und ich sehr froh war, dass
00:03:05: ich in seinem Team arbeiten kann aus verschiedenen Gründen. Habe ich dann mich mit meinem Arbeitsplatz
00:03:11: hier am Unispital in Basel und natürlich auch mit meinem Job und meinem privaten Umfeld in Basel
00:03:18: angefohnt. Nehmen Sie uns erstmal vielleicht fachlich so mit, was macht Ihre Arbeit aus momentan?
00:03:26: Sie sind ja Experte in verschiedenen Formen. Was macht auch die Arbeit am Unispital Basel so
00:03:32: besonders? Also die Mundkiefe und Gesichtskirurgie ist ein sehr spannendes Fachgebiet, weil es eine
00:03:40: Brücke zwischen der Kirurgie, der Humanmedizin und der Zahnmedizin darstellt. Für viele ist es
00:03:46: ein Fachbereich, der nicht besonders bekannt ist und deshalb erzähle ich gerne, was wir da so machen.
00:03:53: Es ist ein sehr technologieaffines Gebiet. Also wir arbeiten sehr viel mit Heitech. Wir beschäftigen
00:04:01: uns mit dem sehr anspruchsvollen anatomischen Gebiet des Kopfes. Also Mund, Kiefe und Gesicht
00:04:09: gehört alles zu uns und wir arbeiten auch sehr interdisziplinär. Das heißt, wir haben sehr viel
00:04:17: Verknüpfungstumpe mit angrenzenden Berufsgruppen, angrenzenden Fachbereichen, wie zum Beispiel der
00:04:24: Neuro-Kirurgie, also der Gehirn-Kirurgie. Wir haben sehr engen Kontakt mit Augenärzten, mit
00:04:32: Heißnasen-Ohrenärzten und natürlich auch mit Zahnärzten. Dazu kommt dann auch klassische
00:04:38: Kirurgie und viele andere Fächer. Im Bereich der Unfallverletzung im Gesichtsbereich haben wir
00:04:44: viel Kontakt auch mit den Traumatologen, die sich mit Extremitäten-Verletzungen beschäftigen.
00:04:52: Meistens sind die unfallverletzten Patienten ja nicht nur im Kopfbereich verletzt, sodass man in einem
00:05:00: hochspannenden anatomischen und beruflichen Fachbereich unterwegs ist. Dazu kommt noch für alle,
00:05:06: die sich gerne mit Heitech beschäftigen. Die Mund-Kiefe und Gesicht-Kirurgie als sehr
00:05:12: anspruchsvolles, anatomisches Fach profitiert natürlich auch sehr davon, dass wir mit Bildgebung,
00:05:19: mit Visualisierung, 3D Druck, das ist auch ein Schwerpunkt im Bereich der Forschung,
00:05:26: sehr engen Zusammenarbeit. Hier konnte ich im Basel in einem sehr
00:05:33: Forschungs- und innovationsfreudigen Umfeld auch meine Forschungsgruppe aufbauen.
00:05:38: Das 3D-Lab, da hätte ich Sie auch gerne noch darauf angesprochen. Ich bin da jetzt absolut
00:05:43: allein. Was ermöglicht denn diese Technologie? Geht es da auch um die Wiederherstellung? Wie
00:05:49: muss man sich das genau vorstellen, diese Schnittstelle, Technik und dann eben operative
00:05:55: Wiederherstellung? Genau. Wir haben hier natürlich eine hervorragende Plattform gefunden. Basel ist
00:06:03: eine kleine Stadt in der Schweiz, aber wir sind direkt grenznah. Das heißt, wir sind nah an der
00:06:11: Grenze zu Frankreich, zu Deutschland. Wir haben hier sehr viel Life Science und Pharmaindustrie und
00:06:16: man merkt, dass hier sehr viel Innovationsfreude, Forschungsfreude auch herrscht. Ich glaube,
00:06:22: diese Mischung aus internationalen Fachleuten, die natürlich auch hier, das Universavital Basel,
00:06:29: ist ja der größte Arbeitgeber, diese Innovationsfreude hat dazu geführt, dass wir natürlich für
00:06:34: unser Forschungsumfeld 3D Planung, 3D Druck im Bereich der Mundkiffe und Gesicht-Kirurgie die
00:06:40: besten Voraussetzungen gefunden haben, unser Lab aufzubauen. Dieses 3D Lab, das Sie angesprochen
00:06:47: haben, das ist in der Schweiz und im europäischen Umfeld meiner Meinung nach einzigartig, weil wir
00:06:53: direkt im Spital im Krankenhaus eine Plattform geschaffen haben, damit ist der wir nicht nur für
00:07:02: alle Fachbereiche, die von dieser Technologie profitieren, sondern auch in der Forschung sehr
00:07:09: Patientenzentriert arbeiten können. Also praktisch nehmen wir mal anderen Patienten hat einen schweren
00:07:16: Unfall mit Gesichtschädelverletzungen. Wir sehen den Patienten auf der Notfallstation. Es wird
00:07:22: eine Computertomographie gemacht. Wir können anhand der Schichtbilder eine dreidimensionale,
00:07:29: anatomische Rekonstruktion des Gesichtschädels machen mit dem Fakturmuster und inzwischen auch
00:07:35: mit Haiebasierten Algorithmen dann entsprechend genau planen, visualisieren, wie der Patient
00:07:45: behandelt werden muss, ohne dass wir im Operationssaal stehen und sozusagen schon zu Messer greifen. Und
00:07:51: in diesem Umfeld zwischen Bildgebung, Visualisierung, Planung von operativen Eingriffen, 3D Druck,
00:07:58: so dass man die Anatomie des Patienten direkt auch in der Hand halten kann, also durch 3D gedruckte
00:08:04: anatomische Modelle hat man die perfekte Repräsentation der wirklichen Anatomie des Patienten.
00:08:11: Können wir Patienten sehr schnell, sehr individuell und besonders sicher und stonend behandeln. Und da
00:08:19: ergeben sich natürlich dann auch im Bereich der Forschung unglaublich viele Themen, die man hier
00:08:23: bearbeiten kann. Wenn ich jetzt so den Schritt noch überlege, in die Schweiz zu gehen, vielleicht auch
00:08:31: an einem Unispital, Sie haben es angesprochen, es ist auf der einen Seite natürlich sehr vielseitig,
00:08:36: auf der anderen Seite hat es natürlich auch viel technisches Verständnis, es hat einen gewissen
00:08:42: Forschergeist, nicht nur eben den Medizinischen, sondern es ist sehr breit angelegt. Was ist denn
00:08:48: so eine ideale Voraussetzung aus Ihrer Meinung heraus, wenn ich in die Schweiz gehen möchte und wenn
00:08:54: ich mich für so eine Karriere in der Forschung an einem Unispital, wie in Basel, interessieren würde.
00:09:01: Was sollte ich mitbringen, wie sollten vielleicht die Parameter gestellt sein, damit ich in so einem
00:09:07: Unispital, in so einem Setting dann auch glücklich werde, beziehungsweise, dass ich da ankomme?
00:09:12: Das ist eine recht komplexe Frage. Also erst mal muss ich sagen, ich bin sehr happy, dass ich in
00:09:21: Basel gelandet bin. Das ist ja mehr oder weniger, ich habe sehr erzählt ein bisschen Zufall, also ich
00:09:27: habe mir nicht bewusst Basel ausgesucht, wenn Chefs nach Basel gegangen und ich habe gesagt,
00:09:30: ich möchte bei ihm im Team arbeiten und da hätten wir auch überstanden können, wo er eine
00:09:36: Chefartstelle bekommt und dass es jetzt Basel geworden ist, da bin ich sehr froh, weil die Stadt ist
00:09:43: sehr attraktiv und es macht Spaß hier zu arbeiten, vor allem auch, dass das internationale an dieser
00:09:49: Stadt sehr reizvoll ist, obwohl sie sehr überschaubar ist. Wir brauchen hier zum Beispiel kein Auto,
00:09:56: man kann durch öffentliche Verkehrsmittel und mit dem Velo alles erreichen. Das Unispital Basel
00:10:02: ist ein sehr großes medizinisches Zentrum hier in der Nordwestschweiz. Wir haben um die 8.000
00:10:07: Mitarbeiter und aus verschiedensten Ländern, das macht es natürlich auch sehr reizvoll. Ich denke,
00:10:14: jeder, der den Schritt in die Schweiz wagt, der sollte sich natürlich schon mit der Schweiz
00:10:20: der See, mit der Schweizerischen Kultur, mit den medizinischen Begebenheiten vor Ort auseinandersetzen.
00:10:28: Sehr empfehlenswert wäre es wahrscheinlich, dass man mal hostigiert, bevor man dann den
00:10:33: Sprung oder den Schritt wagt. Das ist sicherlich auch noch ein Thema, dringend empfehlen würde,
00:10:38: sich mal vor Ort umzusehen und dann natürlich offen zu sein. Das ist ja das allerwichtigste,
00:10:46: dass man auch eine Bereitschaft mitbringt, sich auf etwas Neues einzulassen. Das ist ja die
00:10:51: Challenge. Ich habe mal so ein bisschen durch ihre Podcast gehört und finde es auch wirklich sehr
00:10:56: spannend, sehr auch parallel zu meiner Vergangenheit. Ich glaube, ganz wichtig ist, dass die Kultur in
00:11:05: der Schweiz doch anders ist, obwohl man eine ähnliche Sprache spricht und sich sofort versteht. Aber
00:11:13: der Umgang ist doch anders. Wobei ich sagen muss, ich kann ja auch so ein bisschen die Parallelzien zu
00:11:19: Deutschland, aber da habe ich auch eine Zeit lang gearbeitet und kenne natürlich die Kliniken auch
00:11:24: aus verschiedener Aufenthalte für gewisse Zeit Deutschland. Und ich muss sagen, ich schätze
00:11:33: die Kultur hier, gerade auch wie es am Unispital gelebt wird, sind flache Hierarchien. Es ist ein
00:11:40: sehr teamorientierter Approach der Zusammenarbeit. Wir haben eine sehr kompetente Pflege, sehr kompetente
00:11:51: Fachleute, die sich zusammen mit uns um die Patienten kümmern. Das ist etwas, was ich im Alltag
00:11:57: extrem schätze. Und dazu kommt natürlich auch noch, dass man vielleicht im Vergleich zum deutschen
00:12:02: Gesundheitssystem den finanziellen Druck noch nicht ganz so stürzt im Schweizer Umfeld.
00:12:09: Haben Sie jetzt zwei Themen angesprochen? Da würde ich gerne noch mal nachfragen. Das Kulturthema,
00:12:15: das hebt man uns noch auf, weil das immer ein bisschen schwierig ist. Aber Sie haben es jetzt
00:12:19: zu dem Schluss gesagt, der finanzielle Druck. Also wie macht sich das in Ihren Augen bemerkbar?
00:12:25: Haben Sie noch mehr Zeit für die Patienten? Haben Sie mehr Möglichkeiten? Also wie würden Sie das so
00:12:30: im Alltag? Wie spüren Sie das, dass Sie da noch besser arbeiten können? Ja gut, das merkt man natürlich an
00:12:37: den Patientenzahlen. Generell denke ich, ist die Anzahl an Patienten pro Zeiteinheit oder die Zeit,
00:12:44: die einem zur Verfügung steht, einen Patienten zu betreuen. In der Schweiz deutlich großzügiger. Wir
00:12:51: haben relativ, ich sage, lange Konsultationszeiten im Vergleich zu Deutschland. Der Personalschlüssel
00:12:59: ist noch deutlich attraktiver. Das heißt, sowohl im Bereich der Pflege als auch im Bereich der
00:13:07: Erzenschaft haben wir deutlich mehr Fachleute pro Patient. Das ist natürlich sehr angenehm
00:13:14: im Arbeiten. Gerade auch wenn es darum geht, interdisziplinär zu schaffen, besteht noch mehr Zeit,
00:13:19: sich dann auch mit Kollegen auszutauschen aus anderen Fachgebieten, wenn es um herausfordernde
00:13:24: klinische Fälle geht. Und das merkt man generell natürlich auch an der Arbeitszufriedenheit. Bei
00:13:30: natürlich auch in den letzten Jahren gerade hier der finanzielle Druck in der Schweiz zugenommen hat,
00:13:36: dass man gerade in den Jahren jetzt post-covid gemerkt, dass auch die Schweizerischen Universitätsspitäler
00:13:43: sehr mit dem Kostendruck zu kämpfen haben. Es werden kleinere Spitäler geschlossen. Größere
00:13:49: Mussten den Gürtel enger schnallen. Es ist nicht so, dass man hier vollkommen frei ohne irgendwelche
00:13:58: finanziellen Einschränkungen arbeiten kann. Wo man es natürlich auch merkt, das ist die technologische
00:14:05: Ausstattung bei der Arbeit. Gerade in unserem Fachgebiet der Mundkiefe und Gesichtsgeurgie,
00:14:10: wir behandeln auch z.B. Patienten mit Gemoren im Kopfheißbereich. Das sind sehr ansturfsvolle Fälle.
00:14:16: Da geht es darum, nicht nur den Tumor zu entfernen, sondern auch eine Rekonstruktion vorzunehmen,
00:14:21: dass der Patient später nach der Operation wieder idealerweise gut kauen sprechen,
00:14:26: schlucken kann, auch ästhetisch wieder hergestellt wird. Und hier hilft uns natürlich Technologie viel.
00:14:33: Und wenn ich da den Vergleich ziehe zu anderen Ländern, haben wir hier natürlich schon eine recht
00:14:37: großzügige technische Ausstattung. Das kann z.B. die Möglichkeit sein, dass wir 3D-Röntgenaufnahmen
00:14:45: im Operationshal direkt machen können, die Anwendung von 3D-Druck, wie ich schon erwähnt hatte,
00:14:51: von sogenannten Patienten, spezifischen Implantaten, bis hin zur Darstellung der 3D-Daten durch augmentierte
00:15:00: oder virtuelle Realität, diese Technologie, die haben wir zur Verfügung und das ist in anderen Häusern nicht der Fall.
00:15:07: Ja gut, es wäre ja gelogen, wenn man sagen würde, in der Schweiz kann man das Geld ausgeben und keiner fragt danach, das ist so.
00:15:13: Und Sie haben es angesprochen, es gibt auch eine Diskussion, gerade sehr intensiv für die Schweiz,
00:15:19: auch ungewohnt über diese Kostenentwicklungen, das ist so, das könnt ihr auch im anderen Podcast von mir hören, das ist einfach eine Gegebenheit.
00:15:28: Sie haben die zweite Punkt noch angesprochen, es gibt so, Sie haben es, glaube ich, genannt, so kulturelle Dinge.
00:15:36: Was hört man denn über die Schweizer und was kann man denn falsch machen, gerade wenn man vielleicht aus Deutschland kommt,
00:15:43: oder wo haben Sie Themen gehabt, Mühe zu haben, erst mal die Schweizer zu verstehen.
00:15:50: Was ist das, was die Schweiz dann wieder kulturell anders macht, obwohl wir uns im Hochdeutsch zumindest die Sprache teilen?
00:15:58: Ich muss sagen, ich habe ein bisschen einen Vorteil, ich komme aus Bayern, das heißt, gerade die Süddeutschen sind
00:16:05: zumindest in mancherlei Hinsicht den Schweizern ähnlicher als vielleicht diejenigen, die aus dem Norddeutschen Raum kommen.
00:16:12: Also ich denke, an was ich mich gewöhnen musste, war, dass hier sehr viel zwischen den Zeilen kommuniziert wird.
00:16:24: Das heißt, Kritik wird nicht direkt geäußert, man muss genau hinhören und auf die Norsen achten, um den oder diejenige richtig zu verstehen.
00:16:38: Man muss sich Zeit nehmen für Gespräche, das ist auch ein ganz wichtiges Thema, also zwischen Tür und Angel, das ist immer ein bisschen schwierig.
00:16:46: Und Feedback ist auch anders verpackt als vielleicht im deutschen Raum.
00:16:53: Und ich hatte am Anfang, hatte ich mir gelegentlich auch mal gewünscht, mal wirklich klar zu hören, was Sache ist.
00:17:00: Dass man sich gewöhnen muss, dass man genau hinhören muss oder vielleicht nachfragen muss, um Feedback zu bekommen.
00:17:07: Inzwischen schätze ich aber diese Art der Kommunikation und vor allem, was ich sehr schätze, ist auch die Konsensorientierung.
00:17:15: Dass man versucht in Konfliktsituationen zum Beispiel eine Lösung zu finden, mit der jeder leben kann und nicht auf Konfrontation geht.
00:17:25: Das ist sicherlich etwas, was ich sehr schätze.
00:17:28: Auch dass ich eher ein Freund der ruhigeren Kommunikation bin, dass nicht herumgeschrien wird.
00:17:37: Das wäre hier zum Beispiel ein absolutes No-Go.
00:17:39: Das habe ich im Rahmen meiner Ausbildung in Deutschland noch erlebt.
00:17:43: Das Operationssaal wurde wirklich sehr hitzig kommuniziert und zum Teil auch geschrien wurde, dass es sehr laut war.
00:17:51: Das sind Dinge, die würde man jetzt hier in der Schweiz eher selten erleben.
00:17:54: Sie sagen, Sie haben eine ruhige Kommunikation.
00:17:58: Das kommt Ihnen sicher entgegen.
00:17:59: Sie sind ja jetzt aber auch Führungskraft und Kader mitgeht.
00:18:03: Sie haben ja selbst die Personalverantwortung bei sich und dürfen und müssen mit Schweizer Kollegen kommunizieren oder auch mit Kollegen mit anderen internationalen Hintergrund.
00:18:13: Ist das etwas, wo Sie auch dazulernen durften?
00:18:18: Ja, ich glaube, in dem Bereich bin ich jetzt seit ein bisschen mehr als zwei Jahren Chefarzt.
00:18:25: Ich hatte schon Führungserfahrungen.
00:18:28: Natürlich war vorher auch Kaderarzt an der Klinik und habe eine relativ große Forschungsgruppe geleitet mit internationalen Forschungsgruppenmitgliedern.
00:18:38: Aber ich muss sagen, in diesen zwei Jahren habe ich wahnsinnig viel über Führung gelernt.
00:18:42: Gerade in einem internationalen Umfeld muss man sich natürlich sehr auf die kulturellen Unterschiede einstellen in der Kommunikation.
00:18:50: Das ist ein ganz wichtiges Thema.
00:18:52: Da muss ich sagen, da habe ich einiges dazu gelernt und sicherlich auch einige Fehler gemacht.
00:18:58: Ich glaube, es hält sich bei uns ganz gut.
00:19:04: Wir haben ohnehin bei uns in der Klinik wahnsinnig groß.
00:19:09: Wir haben zehn Ärzte.
00:19:10: Das ist überschaubar.
00:19:12: Wir waren ohnehin immer schon sehr kollegial aufgestellt, sehr teamorientiert.
00:19:16: Was wir eingeführt haben, ist, die Hierarchie ist sehr flach.
00:19:21: Wir haben eine Duhkultur.
00:19:26: Das machen eigentlich alle gut mit.
00:19:29: Das kann manchmal für jüngere Kolleginnen und Kollegen, vor allem aus Deutschland, irritieren sein.
00:19:36: Aber im Großen und Ganzen habe ich gemerkt, man fährt da sehr gut, funktioniert das sehr gut.
00:19:41: Manchmal muss man da vielleicht ein bisschen nachrüstieren.
00:19:44: Wenn Dinge nicht korrekt verstanden werden, aber das funktioniert zum Beispiel hervorragend.
00:19:49: Ansonsten, wie gesagt, ich denke gerade, dass man den kulturellen Hintergrund des Gegenübers kennt.
00:19:58: Das ist sicherlich immer von Vorteil.
00:20:00: Mit der Zeit lernt man natürlich auch die Leute kennen und die Besonderheiten.
00:20:04: Das macht einen riesen Unterschied, ob jemand aus Brasilien kommt oder aus Indien oder aus China.
00:20:11: Oder aus der Schweiz.
00:20:13: Da muss man sich natürlich schon sehr umstellen und aufpassen, dass man nicht die falsche Kommunikationsform mit dem entsprechenden, mitarbeitenden Welt.
00:20:23: Ich höre immer wieder, gerade von leitenden Ärzten, Kaderärzten aus dem Ausland,
00:20:30: wie schwierig es ist, auch so einen Einstieg auf Kaderposition zu finden.
00:20:36: Es wird dann von seitens der Schweizer Spitäler oft kommuniziert, dass es gar nicht so einfach ist,
00:20:42: eine Kaderposition aus dem Ausland zu besetzen.
00:20:45: Fachlich, alles kein Thema.
00:20:47: Aber es ist eben sehr eine große Umstellung, auf Schweizer Art und Weise mit dem Team zu kommunizieren, die Pflege einzubinden.
00:20:56: Einfach erst mal zurechtzukommen, wenn man neu ist.
00:20:59: Erleben Sie das auch so, dass es schon in der Schweiz gar nicht so einfach ist, auf eben eine Kader aus dem Ausland direkt in die Schweiz zu wechseln?
00:21:08: Oder haben Sie da andere Erfahrungen gemacht?
00:21:10: Ja gut, das ist natürlich eine Spezialität, denke ich, hier in Basel.
00:21:14: Dadurch, dass wir sehr grenznah sind, sind natürlich auch sehr viele Kaderärzte, Kaderärztinnen oder Kadermitglieder in der Stilteilführung aus Deutschland.
00:21:25: Das ist ganz normal und das ist auch gut so, weil man natürlich durch die Nähe zum großen Kanton im Norden,
00:21:34: natürlich dann auch auf eine viel größere Anzahl von Fachleuten zugreifen kann.
00:21:38: Grundsätzlich, wenn jemand schon auf Chefarzebene oder Leitener Arzebene in die Schweiz kommt,
00:21:47: dann kann es natürlich schon eine gewisse Herausforderung sein,
00:21:50: vor allem wenn man im deutschen System natürlich seine Erfahrungen gemacht hat.
00:21:54: Also bei mir persönlich war es so, ich habe hier so mehr oder weniger von der Pike auf meinen Beruf, meine Forschung gelernt.
00:22:03: Das heißt, ich habe da die Ochsentour durchgemacht und sozusagen alle Karrierestufen habe ich durchgemacht und dadurch kenne ich natürlich die Besonderheiten.
00:22:12: Aber wenn man natürlich mit deutschem Selbstbewusstsein und mit dem Durchsetzungsvermögen, das man braucht in seinem Beruf, auch im deutschen Umfeld,
00:22:24: wenn man dann in der Schweiz ankommt und das so weiterführt, dann kann man da gelegentlich auch mal gegen die Wand laufen.
00:22:31: Also da würde ich dringend empfehlen, zunächst einmal gut zuzuhören, etwas Zurückhaltung vielleicht an den Tag legen
00:22:42: und mal zu sehen, wie reagieren die Mitarbeitenden.
00:22:45: Und ich glaube auch ein guter Tipp in dem Zusammenhang ist, man sollte sich durchaus auch einen schweizerischen Kollegen oder Kollegen zur Seite nehmen, der einen offen
00:22:56: und es sind dann in der Regel Kader-Leute, die einem dann offen auch Rückmeldung geben.
00:23:02: Oder vielleicht sogar, dass man gerade wenn man merkt, man landet als Chefärztin oder Chefarzt oder Leitener Arzt in der Schweiz
00:23:11: und merkt irgendwas läuft ja nicht so rund, dass man sich dann einen Coach nimmt und beraten lässt, wie man seine Kommunikation,
00:23:18: sein Verhalten vielleicht an die örtlichen Gegebenheiten besser anpassen kann.
00:23:22: Das höre ich immer wieder, es unterschätzt aber ganz, ganz wichtig, um auch fachlich anzukommen, also auch fachlich die Karriere dann fortzuführen,
00:23:30: die man sich in der Schweiz erhofft, aber auch privat.
00:23:33: Also es gilt ja dasselbe die Kommunikation mit dem Schweizer Nachbarn und beim Einkauf, was man im Berufsleben ja auch lernen darf.
00:23:41: Also es ist ja nicht nur das berufliche Beschränk, sondern genauso wichtig im privaten Alltag.
00:23:46: Sie haben sich ja, wenn ich das richtig weiß, für die Schweizer Staatsbürgerschaft entschieden.
00:23:52: Können Sie da nochmal erzählen, wie der Prozess mit der Einbürgerung war, warum vielleicht die Entscheidung dann auch final
00:24:00: die Schweizer Staatsbürgerschaft anzunehmen?
00:24:02: Das ist ja auch immer ein Thema, wo viele Gerüchte kursieren über die Eignungstest etc.
00:24:07: Da soll ich da nochmal einen Einblick geben, wie das bei Ihnen gelaufen ist.
00:24:11: Für uns bin feieradet meine Frauesärztin.
00:24:16: Sie hat auch hier am Unisvital gearbeitet und wir haben inzwischen zwei Kinder im Alter von 9 und 11, die im Basel am Unisvital auch geboren sind.
00:24:25: Also für uns war es klar.
00:24:26: Wir haben Freundeskreis in dem Schweizerinnen und Schweizer sind.
00:24:31: Wir haben hier unsere Wurzeln geschlagen und sind sehr froh, dass wir in Basel sein können.
00:24:39: Die Stadt ist toll und wir sehen unsere Zukunft auch hier.
00:24:43: Also aus diesem Grund war es für uns vollkommen klar, dass wir nach der doch schon langen Zeit in diesem Land uns um die Staatsbürgerschaft bemühen.
00:24:53: Das heißt auch zu partizipieren.
00:24:55: Es gibt ja hier eine recht direkte Demokratie.
00:25:00: Das heißt Bürgerinnen und Bürger können bei vielen Dingen mitentscheiden.
00:25:04: Das finde ich sehr attraktiv.
00:25:05: Auch wenn die Entscheidungen jetzt vielleicht nicht das Leben so direkt beeinflussen.
00:25:11: Aber man setzt sich doch kontinuierlich mit der Politik, mit der Stadt, mit dem Land auseinander.
00:25:18: Und aus diesem Grund war es für uns klar, wir wollen da mit dabei sein und nicht nur passiv in diesem Land leben.
00:25:25: Deshalb haben wir uns übrigens auch, das ist ja auch durchaus eine Option, dass man in Deutschland lebt, in Basel arbeitet.
00:25:32: Wir haben Lorach, weil direkt an Grenzen, es gibt auch viele Kollegen und Kollegen, die in Deutschland in Freiburg zum Beispiel leben und dann mit dem ICE taglich pendeln.
00:25:42: Aber für mich war es immer klar, wenn ich hier arbeite, wenn ich hier meine berufliche Zukunft sehe, dann möchte ich auch in dieser Stadt leben.
00:25:52: Und da muss ich echt sagen, da bin ich sehr froh, dass wir diese Entscheidung getroffen haben.
00:25:57: Der Prozess per se ist so, tatsächlich gab es von der Stadt Basel eine Initiative langjähriger Bewohnerinnen und Bewohner aus dem Ausland direkt anzuschreiben und zu motivieren, dass sie sich einbürgern lassen.
00:26:15: Das war dann bei uns auch so.
00:26:16: Ich habe dann noch gewartet, bis meine Frau, die hat eine Zeit lang noch in Hamburg gearbeitet.
00:26:21: Und wir hatten sozusagen eine Vermeziehung, aber nachdem sie dann auch die Mindestzeit absolviert hatte, die notwendig ist, um sich einbürgern zu können, haben wir dann diesen Prozess gestartet.
00:26:31: Das ist erstmal ein Haufen Papierkram, den man erledigen muss und dann geht es seinen Weg.
00:26:38: Das beinhaltet auch, dass man sich natürlich mit Land, Leuten, Kultur, Geschichte des Landes und der Stadt vor allem natürlich auch auseinandersetzt.
00:26:49: Wir haben einen Kurs besucht, das ist etwas, was einem dringend angeraten wird.
00:26:54: Wir haben auf die Prüfung, es gibt tatsächlich auch eine Prüfung, die man absolvieren muss, haben wir uns vorbereitet.
00:27:01: Und man muss auch ein Motivationsschreiben ausfüllen.
00:27:06: Man muss Referenzen nennen, also Schweizerinnen und Schweizer, mit denen man befreundet ist, die Auskunft geben können und dann entsprechend denjenigen empfehlen können,
00:27:19: der sich einbürgern möchte.
00:27:20: Also der ganze Weg ist relativ aufwendig, auch zeitaufwendig, aber letztendlich ging das dann alles sehr gut.
00:27:28: Und wir sind dann mit der ganzen Familie, das heißt meine Frau, meine beiden Töchter und ich, wir sind dann zu diesem Einbürgernsgespräch am Ende gegangen und haben uns dann der Kommission gestellt und sind dann letztendlich eingebürgert worden.
00:27:43: Ich merke gerade, da muss ich unbedingt mal eine extra Episode zu machen, weil ich höre da ganz, je nach Region läuft das ja auch alles ein bisschen anders ab.
00:27:51: In der Stadt ist in der Gemeinde diese Fragen sind anders.
00:27:56: Ich hatte es mal aus Kreuzlingen gehört.
00:27:58: Da wurden Straßen abgefragt, also da musst du es zu quasi wissen haben, wie ein Taxifahrer, sonst warst du verloren.
00:28:05: Ich bin sicher, die Kreuzlinge hätten das nicht gewusst, aber du musst es halt wissen.
00:28:10: Merke ich mir vor, finde ich eine runde Sache.
00:28:13: Sie haben es gesagt, es ist so ein bisschen das Konsensprinzip in beruflichen Leben wichtig, im Kaderbereich wichtig, Konsens im Spital.
00:28:23: Für mich gehört dieser politische Konsens aber auch genau rein in dieses Element der Direktwahl.
00:28:29: Es ist nicht so, dass man alles beeinflussen kann, aber die Stimme zählt eben.
00:28:34: Es ist eine konsensorientierte Politik in der Schweiz, dass jeder mitmachen darf, vielleicht nicht immer das Ergebnis in seinem Interesse, aber auch das spiegelt sich so in der Intikutor der Schweiz mit rein.
00:28:47: Herr Prof. Dr. Thieringer, ich weiß, Sie sind ein gefragter Mann.
00:28:50: Ich danke Ihnen wirklich vielmals für diese Einblicke und die Zeit, die Sie meinen Hörerinnen und Hörern gegeben haben.
00:28:57: Vielen, vielen lieben Dank.
00:28:59: Super, ganz herzlichen Dank.
00:29:00: Hat Spaß gemacht.
00:29:02: Viel Erfolg noch, Herr Werner.
00:29:04: Vielen Dank.
00:29:05: Und dir fürs Zuhören danke ich natürlich auch.
00:29:07: Wünsch dir wie immer Gesundheit.
00:29:09: Und wenn du Fragen zum Leben und Arbeit in der Schweiz hast oder schon hier bist, wie Herr Thieringer gesagt hat, Fragen hast, wende dich an mich, dann kann ich dir gerne helfen.
00:29:19: Sage, danke, viel Gesundheit und bis bald.
00:29:22: Adé.
00:29:23: [Musik]
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