#36 Notarzt für die Führung Dr. Timm Steuber

Shownotes

Dr. Timm Steuber hat eine steile Karriere in der Medizin hinter sich. Mit 38 Jahren Leitender Oberarzt der Notfallmedizin. Am Höhepunkt seiner medizinischen Karriere steigt er aus. Warum? Er erlebt wie er und viele KollegInnen die medizinische Karriereleiter erklimmen. Und daran zu kämpfen haben. Denn es reicht nicht mehr, nur ein guter Arzt zu sein. Sondern viele Themen - wie Personalführung - kommen dazu. Doch für diese wurdest du trotz Beförderung nicht vorbereitest. Der Teufelskreis beginnt sich zu drehen Und Dr. Timm Steuber begleitet heute medizinische Teams und Einrichtungen bei der Etablierung und Umsetzung von guter Führung. Eine MUST-Folge für jeden Mediziner und alle im Gesundheitswesen.

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00:00:00: Kennst du diesen schlauen Spruch? Ändere es, verlasse es oder akzeptiere es? Change it,

00:00:13: take it or leave it. Und dann steht man da in der Medizin. Eigentlich wollte man ja was

00:00:21: verändern. Man wollte Menschen helfen. Aber man kommt vielleicht an seine Grenzen im Gesundheitssystem,

00:00:27: an den Vorgesetzten etc. Und deswegen sprechen wir heute über das Thema Führung. Aber erst mal

00:00:35: schön bist du wieder dabei beim Podcast DocsGoSwiss, alles zum Leben und Arbeiten im

00:00:40: Schweizer Gesundheitswesen. Ich bin Martin Werner und mein heutiger Gast, Dr. Tim Steuber,

00:00:47: hat es verlassen und trotzdem geändert. Er ist Facharzt der Anästhesie, hat in Deutschland

00:00:55: als Notfallmediziner gearbeitet, Intensivmediziner, Anästhesist und 2020 eine leitende Funktion

00:01:04: in der Notfallmedizin. Den Kittel an den Haken gehängt, ist ausgestiegen, hat das System verlassen,

00:01:11: aber verändert es trotzdem, denn er ist seitdem unterwegs als Coach, als Notarzt für die Führung.

00:01:18: Und dieses kleine Thema Führung, darüber sprechen wir jetzt, sprechen mit Tim Stäuber darüber,

00:01:27: was dieses kleine Wörtchen für dich bedeutet und deswegen Bühne auf. Herzlich willkommen,

00:01:33: Tim im Podcast DocsGoSwiss. Ja, hallo Martin, vielen Dank, dass ich hier sein darf. Also ich kann

00:01:39: sagen, das war schon mal die schönste Einlättung, die ich bisher im Podcast gehört habe. Das war

00:01:44: sehr treffend, vor allem die leidende Funktion, die ich hatte. Da kommen wir heute noch mal drauf.

00:01:49: Danke. Die erste Frage, die sich bei dir einfach aufträngt, warum steigst du in so einer Spitzenposition?

00:01:57: So darf man sagen, du warst leidender Arzt, du hast Medizin studiert, du hast viel Entbehrung

00:02:02: auf dich genommen, um dahin zu kommen. Warum sagtest du 2020? Nein, ich gehe ein anderer Weg,

00:02:10: ich trau mich das. Was war deine Motivation und was waren auch deine, die Reaktionen in deinem

00:02:16: Umfeld? Das ist eine richtig gute Frage. Also erst mal ist es so, dass ich ein ganz begeisterter

00:02:22: Arzt war. Ich kam aus dem Rettungsdienst, über den Zivildienst kam ich an die Notfallmedizin und

00:02:27: habe dann Medizin studiert. Und mein großer Traum war immer auf einem Rettungszugschrauber als

00:02:31: Notarzt zu arbeiten. Aber Traum ist eigentlich fast noch zu wenig gesagt. Es gibt ja so ein Zitat,

00:02:36: Träume sind nicht das, was du nachts erlebst, wenn du schläft, sondern Träume sind der Grund,

00:02:40: warum du nicht schlafen kannst. Und so war das bei mir, es war eigentlich eher eine Vision. Und

00:02:44: bei Visionen ist es so, wir lassen uns natürlich nicht von Kleinigkeiten wie so einem Medizinstudium

00:02:49: abschrecken. Das war wirklich ein Traum. Und den habe ich mir auch erfüllt. Und ich habe dann

00:02:53: allerdings auch einen Weg gegangen, den glaube ich viele Menschen in einer Karriere gehen. Das

00:02:57: heißt, von dem, was mir wirklich Freude und Erfüllung gebracht hat, nämlich der Notfallmedizin,

00:03:01: kam ich dann über mein Ego, über Motivation, über einen Chef, der mich gefördert und

00:03:07: gefordert hat, kam ich dann in eine Karrierestraße. Und Karriere kommt so ein bisschen vom Karriere.

00:03:12: Da geht es eben ums Rennen. Und es ging bei mir alles nicht schnell genug. Mit 30 war ich Oberarzt,

00:03:17: mit 33 war ich Leitender Oberarzt. Ja, dann wäre es beinahe passiert, dass ich mit 38 sollte ich

00:03:23: Leitenderarzt eines Notfallzentrums werden. Da habe ich einen Intensiv geleitet. Ja, und so war die

00:03:28: Karriere schnell und steil. Und was ich aber vergessen hatte, war mittlerweile, was mir eigentlich

00:03:32: wirklich gut tut. Und es ist heute Teil meiner Begleitung von Ärzten auch, dass wir uns auch mal

00:03:37: fragen dürfen, was tu ich hier eigentlich und vor allem, warum tu ich das? Wenn wir vor 10,

00:03:44: 15 Jahren alle Entscheider, alle Führungskräfte, wir lassen uns nochmal den Anführungszeichen,

00:03:52: was Führungskräfte sind, im Medizinwesen, im Gesundheitswesen in Deutschland an die Hand

00:03:58: genommen hätten und hätten sie zum Thema Führung gelehrt, begleitet, unterstützt. Wo

00:04:05: ständen wir heute im deutschen Gesundheitswesen? Das ist eine ganz spannende Frage. Also wir

00:04:10: müssten dann einmal in die Vergangenheit reisen und zwar in eine, die zwar gar nicht lange her ist,

00:04:15: sagen wir mal 15, 20 Jahre ist nicht lange her. Aber trotzdem, die ganz anders war, wo nämlich

00:04:19: Führung im Krankenhaus, in der Gesundheit fast gar keine Rolle spielte. Das heißt, jeder,

00:04:24: der fachlich gut war, konnte bis zum Chefarzt durchsteigen. Das war eigentlich überhaupt kein

00:04:28: Problem. Und das war auch ein Teil bei mir, dass ich mir eben überlegt habe, was kann ich eigentlich

00:04:32: noch bewirken, was mache ich gerne, wo kann ich was Gutes tun. Und ich glaube, das wäre damals

00:04:37: ganz toll gewesen, aber das hätten wir nicht geschafft. Martin, wir hätten beide uns so anstrengen

00:04:42: können, wie wir wollten. Das Bewusstsein war nicht da und das war deshalb nicht da,

00:04:45: nicht weil die Leute böse waren oder so, sondern weil einfach kein Bedürfnis danach war,

00:04:50: das Gesundheitssystem lief. Wir haben im Deutschsprach in Graum, aber vor allem in Deutschland

00:04:54: natürlich ein Luxussystem. Wir haben sehr viele Untersuchungen, die wir machen, sehr viele Intensivbetten.

00:04:59: Da haben viel, viel Bildgebung, viel Labor, was gemacht bei dir in Dacke. Es war alles okay. Und

00:05:05: jetzt haben sich die Zeiten geändert. Jetzt haben wir einen großen, großen Mangel an Ärzten. Danach

00:05:10: kam dann der Beginn der Pflegekrise. Wir haben viel zu wenig Pflegekräfte und durch diese äußeren

00:05:16: Einflüsse sind jetzt die Entscheider auch an ein neues Nachdenken gekommen. Ich glaube nicht in dem

00:05:21: Sinne an das Gute im wirtschaftlichen oder medizinischen Bereich, sondern ich glaube,

00:05:25: sie sind jetzt einfach gezwungen, sich zu hinterfragen. Und wer heute Chefarzt werden möchte,

00:05:30: der muss sicherlich andere Skills mitbringen als vor 30 Jahren, weil es eben, weil Führung mit

00:05:35: der Fachlichkeit wenig zu tun hat. Also das ist meine feste Überzeugung. Und das ist in der

00:05:40: Wirtschaft eigentlich genauso. Natürlich müssen wir ein gewisses Grundwissen haben, müssen verstehen,

00:05:45: was wir tun. Wir müssen vielleicht sogar in einem Gebiet eine ausgewiesene Experte sein als

00:05:49: Führungskraft. Das ist ganz toll. Das ist schön. Aber alles andere, was mit Führung zu tun hat,

00:05:54: ist eigentlich nicht die Frage, was genau ich mache, sondern wie ich es mache. Da geht es dann eben um

00:05:58: Selbstführung, andere Menschen führen, Begeisterung haben, Visionen haben, wirtschaftlich denken. Das

00:06:05: sind jetzt die neuen Herausforderungen. Wir haben eine Generation Z. Das ist super spannend, mit denen zu

00:06:10: arbeiten. Das liebe ich auch. Ja, und da kommt jetzt manche Führungskraft im medizinischen Bereich an

00:06:15: ihre Grenzen. Das heißt, um bei den Sprüchen zu bleiben, man sagt ja oft, wenn eine Fachkraft

00:06:22: verlicht nicht das Unternehmen, sondern sie verlässt den Chef oder entscheidet sich gegen den

00:06:26: Chef. Das ist der Punkt, wo du jetzt sagst, der Fachkräftemangel ist ein Thema, das so stark ist,

00:06:32: dass man sich überlegen muss, an welchen Hebeln kann ich noch drehen, wo kann ich noch ansetzen.

00:06:36: Und da ist Führung ein Hebel vermutlich. Ja, absolut. Und Führung beginnt für mich mit Selbstführung.

00:06:42: Es ist kein Zufall, dass ich im medizinischen Bereich, also ich bin auch in der Wirtschaft tätig

00:06:47: als Berater, aber vor allem im medizinischen Bereich, dass da auch so viele Führungskräfte sehr

00:06:52: unzufrieden sind. Denn so ein Karriereantrieb ist nicht selten nicht aus Liebe und nicht aus Freude

00:06:58: am Tun, sondern eben aus Ego. Das heißt, ich möchte mir was beweisen. Ich möchte vielleicht meinem

00:07:02: Umfeld etwas beweisen. Ich habe vielleicht einen Anspruch an Konsum. Ich möchte sehr viel Geld verdienen.

00:07:07: Das sind alles sehr äußere Antriebe, die wenig mit Begeisterung zu tun haben. Und diese Karriere

00:07:13: endet dann klassischerweise eben nicht auf einem schönen Höhepunkt, wo man sagt, dass es genau

00:07:18: die Position, die er haben kann, ist ein ganz toller Oberarzt. Nein, der Oberarzt denkt eben,

00:07:23: ich muss jetzt auch noch Leitender Oberarzt werden. Und da fängt es vielleicht schon an, dass manche

00:07:27: denken, nee, das ist nicht so richtig sein Ding, weil da muss er jetzt schon mehr organisieren. Das kann

00:07:32: er doch gar nicht, außer um kann er nicht so gut mit Frauen. Also so richtig als Leitender ist er

00:07:37: gar nicht so richtig gut. Und dann muss natürlich fürs Ego vielleicht noch der Chefarzt her und dann

00:07:41: wird es wild und dann ruft er mich an und sagt, meine Abteilung läuft nicht. Ich habe viele Probleme,

00:07:46: mir geht selber nicht gut. Mein Privatleben ist am Boden. Und das ist nicht selten dann der Höhepunkt

00:07:52: sozusagen einer Karriere. Das heißt, wir bleiben in der Karriere häufig nicht dastecken, wo es richtig

00:07:57: gut noch lief. Das reicht uns nicht. Wir wollen noch einen weiter und dann bleiben wir nämlich dastecken,

00:08:01: wo wir unglücklich sind und dann richten wir uns da ein. Das heißt, wir schützen uns vor Konkurrenten,

00:08:07: wir vermeiden das Fehler, aufgedeckt werden. Wir machen Schulzuweisungen, wir spielen Spielchen,

00:08:13: wir müssen Intrigen haben mit den anderen Chefärzten, damit uns da keiner am Stuhl sägt. Das sind

00:08:18: dann so sehr unglückliche Positionen. Und wenn man die dann fragt, wann warst du denn zuletzt richtig

00:08:23: glücklich? Dann kommt häufig im Jahr vor zehn Jahren, als ich noch ein ganz normaler Oberarzt war,

00:08:27: da war die Welt irgendwie noch in Ordnung. Das konnte ich richtig gut. Und jetzt bin ich irgendwie

00:08:32: an so einem Punkt. Also Führung ist ein Skill, der erstmal mit der Fachlichkeit sehr wenig zu tun

00:08:37: hat. Also ich finde das spannend, dass du das ansprichst. Das geht erst mal um die Selbstführung.

00:08:42: Weil ich darf ehrlich sein, wenn ich an Führung denke, stelle ich mir immer erst mal, ich sage

00:08:46: jetzt mal, mich vor und ich habe mein Team. Und es geht darum, wie ich mit meinem Team kommuniziere,

00:08:52: wie ich mein Team motiviere, wie ich die Visionen rüberbringe. Das ist ja aber Selbstführung erst

00:08:56: mal überhaupt nicht. Sondern ich muss jetzt sagen, jetzt wird es ja schlimm. Ich muss jetzt auch noch

00:09:01: bei mir anfangen. Also es tut erst mal bei mir weh. Was sind denn so diese Facetten von Führung?

00:09:06: Kannst du die nochmal auflabüsen? Also wo fängt das bei mir an? Muss es bei mir anfangen? Wo

00:09:13: kommt dann das Team dazu, die Person, die ich führe? Was sagt dir das Schulbuch zum Thema Führung?

00:09:19: Ja, ich glaube, das Schulbuch und ich, wir unterscheiden uns in vielen Punkten ganz,

00:09:23: ganz doll. Ich glaube auch, dass Training und Beratung häufig genau aus dem Grund nicht

00:09:28: funktioniert. Viele glauben, dass ein Mensch so bleiben kann, wie er ist und dass man ihm jetzt

00:09:32: nur irgendeine Trainingseinheit noch verpassen muss und dann werden daher auch riesige Summen

00:09:36: teilweise ausgegeben und dann werden Spielchen auf dem Rasen gespielt. Das ist alles nicht sehr

00:09:41: wirksam, weil ich glaube, eine echte Veränderung, die muss von innen kommen. Das heißt, die muss so

00:09:47: funktionieren, dass der Mensch sich ändert. Meine Trainings sind immer so aufgebaut, dass

00:09:50: eine Veränderung kommt. Und jetzt können wir uns fragen, was treibt uns denn an? Wie können

00:09:54: wir uns verändern? Und das ist immer durchs Tun. Das heißt, eine echte Veränderung im Leben kommt

00:09:59: dann, wenn wir etwas tun. Ich habe drei kleine Töchter und das sind meine drei Coaches, die mich

00:10:03: beraten und begleiten und die haben mir mehr Überführung beigebracht, Martin, als alle Seminare,

00:10:08: die ich besucht habe und alle 500 oder 800 Bücher, die ich gelesen habe darüber, weil ich da sehe,

00:10:14: das echte Verhalten, die echte Änderung, das kommt eben von innen. Das kommt, wenn Sie Vorbilder haben,

00:10:20: das kommt, wenn Sie eine eigene Motivation haben, wenn Sie eine Vision haben, wenn Sie Ihr

00:10:25: warum kennen. Also warum möchte ich das tun? Das ist alles Selbstführung. Meine Kinder haben ja

00:10:30: nicht laufen gelernt, weil ich denen eine brillante Powerpoint übers Laufen gezeigt habe, wo alle

00:10:35: Muskeln und so was erklärt wurden und die Physik und so, sondern sie haben laufen gelernt, weil sie

00:10:39: mit jedem Schritt weiter eine Dopaminausschüttung hatten, weil sie Vorbilder hatten, weil sie einfach

00:10:45: Freude an der Entwicklung hatten. Und deswegen glaube ich, echte Veränderung kommt eben durchs

00:10:49: Tun und dadurch dann durch die Emotionen. Das heißt, wenn ich jetzt einen, sagen wir mal,

00:10:53: Trainingsbaustein Feedback habe, da halte ich sehr viel von, finde ich wichtig, dann bringt Feedback

00:10:59: nur dann was, wenn wir wirklich nach dem Seminar rausgehen und erleben an unserem eigenen Körper,

00:11:05: an unserer Seele, merken wir, was es bedeutet Feedback zu bekommen und zu geben und dann entsteht

00:11:12: Veränderung. Das heißt, Wissensvermittlung ist immer der zweite Preis. Nachdenken heißt für

00:11:17: mich deshalb nachdenken, weil es nachher kommt. Es ist nicht so wichtig, wie wir glauben, sondern

00:11:22: das Erleben, das Vorleben, das Nachleben und das Erleben. Ich glaube, das ist der Schlüssel und

00:11:29: da ist die Führungskraft natürlich ganz im Fokus. Dann stellt sich für mich die Frage, wer kommt

00:11:34: denn dann zu dir? Also sagt jetzt eine Klinik, wir haben hier im Team offenbar eine Herausforderung,

00:11:40: beispielsweise wir haben sehr viele Kündigungen. Es könnte daran liegen, dass die Führungskraft

00:11:45: vielleicht nicht richtig kommuniziert. Oder kommt ein Chefarzt, ein Chefärzt hin zu dir und sagt,

00:11:51: ja, wie du gesagt hast, ich fühle mich in der Rolle nicht mehr wohl. Ganz ehrlich, hier darf ich im

00:11:56: Umfeld mit niemandem sprechen. Das macht man vielleicht in der Medizin nicht. Ich stelle

00:12:01: ja meine eigene Leistung in Frage. Ich brauche jemanden von außen, der mir mal ein Feedback gibt,

00:12:07: der mir das widerspiegelt, mit dem ich da auf neutralen Boten vorwärts gehen kann. Wie kommen

00:12:13: da so die Kunden zu dir? Wie ist die Motivation? Ja, das ist unterschiedlich. Allerdings ist häufig

00:12:19: eine Krise der Auslöser. Ich glaube, in unserem Leben sind die Highlights und die Krisen, wenn

00:12:23: wir nachher mal zurück schauen, dann werden diese Highlights und die Krisen die wichtigsten gewesen

00:12:28: sein. Übrigens immer ungeplant. Das ist auch eine Sache, die könnte uns jetzt beunruhigen, mich

00:12:31: beruhigt das. Die echten Highlights und die echten Krisen sind immer ungeplant. Das heißt, wir planen

00:12:37: in unserem Leben viel, die wichtigen Sachen passieren. Und es ist häufig eine Krise. Und das

00:12:41: kann ganz unterschiedlich sein. Es kann sein, dass ein Klinikdirektor sagt, mir wächst das alles

00:12:46: über den Kopf. Ich brauche jetzt einen Sparingspartner. Es kann sein, dass ein Chef selber zum Beispiel

00:12:51: ganz top motiviert ist und gut drauf ist und sagt, aber meine Leute, die ich jetzt hier seit einem Jahr

00:12:55: habe, die aber eben nicht, die mittlere Führungsebene läuft nicht richtig. Da sind Gerüchte, da sind

00:13:01: Spannungen, da sind Befindlichkeiten. Das sind so typische Aufträge. Ich habe auch Rettungsdienste,

00:13:06: die ich betreue, wo wir dann teilweise auch wirklich Umstrukturierungen machen. Also es

00:13:12: kommt wirklich sehr individuell darauf an. Das ist auch ein zweiter Grundsatz von mir. Ich sage,

00:13:16: es muss eine Begleitung über eine längere Zeit sein. Ganz selten nur mache ich mal, dass ich mal auf

00:13:21: einer Weihnachtsfeier eine Keynote spreche oder dass ich mal ein Tagesseminar mache. Daran glaube ich

00:13:28: nicht wirklich, sondern ganz häufig begleite ich Unternehmen dann ein paar Monate, aber dann

00:13:32: auch richtig intensiv. Also dann zum Beispiel mit einem Seminar für die Führungskräfte,

00:13:37: verbunden mit einem Coaching für den Geschäftsführer und das dann in Verbindung natürlich mit

00:13:42: ganz anwendbaren, einfachen Dingen, die sie im Alltag wirklich benutzen können, damit dann

00:13:47: diese Erfahrungen kommen. Aber es ist schon richtig, es ist meistens so, dass sie schon mit einem

00:13:51: Anliegen kommen und sagen, wir haben hier ein Problem. Ganz selten ist es wirklich, dass ein

00:13:55: Unternehmen richtig gut läuft und sagt, pass auf, ich habe so eine tolle mittlere Führungsinnertim,

00:14:01: ich möchte den was gönnen und jetzt gönne ich den ein fünf Monats Paket mit dir, damit es den

00:14:06: richtig gut gilt und dann mach die mal lang und motiviere die nochmal ein Tag mehr und

00:14:10: und wertschätzt die mal durch dieses Training. So was gibt es auch, aber es ist schon häufig die

00:14:13: Krise ganz klar. Ich stelle mir das auch eine große Herausforderung vor. Ich meine jetzt von der

00:14:19: Klinik als Unternehmen gesprochen. Du hast ja jetzt eine Führungsebene, die ist einfach da. Also die

00:14:25: wurde ausgebildet, die wurde sozialisiert und jetzt hast du gesellschaftliche Veränderungen,

00:14:30: die nicht mehr ganz dazu passen. So, wie motivierst du jetzt? Wie fühlst du auch die nächste Generation

00:14:36: ran und das ist das Thema, wo mich immer sehr interessiert. Hör ich immer wieder, ja, junge Ärzte,

00:14:42: ja, die wollen die Verantwortung nicht mehr übernehmen, die wollen lieber nur ein lockeres

00:14:47: angestellten Verhältnis. Und dann denke ich immer, es ist vielleicht eine andere Form der

00:14:52: Verantwortung und vielleicht schreckt sie ja auch das jetzige Führungssystem so ab, dass sie sagen,

00:14:58: nein, das möchten wir gar nicht, wir möchten es gerne anders lernen, aber wohl nicht.

00:15:03: lernen sich's denn. Den Faktor ist ja so, der Facharzt mit der Facharztprüfung ist

00:15:09: er Führungskraft in meinen Augen. Dann sind die Weiterbildungsassistenten weisungsgebunden.

00:15:14: In dem Moment, wenn ich von heute auf morgen Führungskraft habe zu kein Training bekommen,

00:15:19: habe in meiner Facharztausbildung auch kein Modul dazu belegt, im Studium wahrscheinlich auch

00:15:25: nicht. Wo schafft man jetzt denn so den Träger als junger Arzt, als junge Ärztin auch zu sagen,

00:15:31: okay, das gibt's vielleicht nicht. Ich muss mich selber darum kümmern. Das ist eine super Frage.

00:15:37: Denn also ist es so, meine große Tochter, die ist jetzt so kurz vor der Pubertät, was für mich

00:15:41: ein guter Anlass war, mich mal ein bisschen zu belesen. Und da habe ich gelesen, dass die Pubertät

00:15:46: eigentlich das beste Feedback für die Eltern ist. Das heißt, man kriegt ein Feedback über die

00:15:50: letzten 12, 14 Jahre, mit dem man jetzt irgendwas anfangen kann. Und ich glaube, dass die Generationen,

00:15:56: die jetzt kommen, dass die uns Feedback geben. Erst mal sind sie durch uns entstanden. Wir können

00:16:01: uns nicht rausreden. Die sind ja nicht im UFO gelandet und waren dann da und wir sind alle

00:16:05: entsetzt. Sondern die sind ja nun mal Ergebnis unserer Erziehung unseres Lebens. Und ich glaube,

00:16:10: dass uns das deshalb manchmal so wormt, mit der Generation Z und mit dieser Vorstellung auch,

00:16:15: die viele haben, keine Karriere zu machen, eben dafür aber auch auf Konsum zu verzichten,

00:16:19: mehr Freizeit zu haben, selbstbestimmt zu sein, überall den Sinn in der Arbeit zu suchen. Ich glaube,

00:16:25: es nervt uns so, weil die genau den wunden Punkt treffen. Und das ist in der Pubertät auch,

00:16:29: wenn man dann eine pubertierende Tochter hat und hat mit der Probleme. Es kann sein, dass der

00:16:34: Nachbar sagt, die ist doch total lieb und man selber als Vater sagt, was? Die ist doch im Moment

00:16:39: eine Siege. Und das ist ja ganz klar, weil sie zeigt uns den Spiegel. Das heißt, ein pubertierendes

00:16:44: Kind ist auch wie die Generation Z. Sie zeigen einem ganz klar, wo wir unseren Schwachpunkt hatten. Und

00:16:50: wenn ich mir angucke, mein Vater war wenig zu Hause, kam genervt von einer Arbeit, die er nicht mochte,

00:16:56: hat dann in der Zeitung irgendwo nach geguckt, ob er irgendwie sich ein neues Auto kaufen könnte.

00:17:00: Da kann er den alten in Zahlung geben und dann musste dann ein Mercedes vor die Tür und dann ist

00:17:06: war eigentlich ein Leben, was heute sehr viele Leute ablehnen oder sogar verachten. Das heißt,

00:17:11: seine Lebenszeit letztlich für Konsum, wenn man mal ganz hart ist, seine Lebenszeit gegen

00:17:17: Konsum einzutauschen, dafür ist die Generation auch zu klug. Es mag sicherlich auch ein paar

00:17:22: faule Menschen geben, aber weißt du, was die hatten wir früher, aber genau so. Ich glaube überhaupt

00:17:26: nicht, dass die freizeitorientiert sind. Die sind freiheitorientiert, die wollen einen Sinn sehen

00:17:32: und die wollen manchmal auch so ein bisschen wie so eine Reaktion. Sie wollen nicht wie ihre Eltern,

00:17:37: die irgendwie Sparkassendirektor irgendwo sind oder die im Tennisverein da ein Säktchen trinken,

00:17:44: das wollen die alles nicht mehr. Sie wollen ein anderes Leben. Da passt Home Office zu, da passt

00:17:49: die vier Tage Woche zu, da passt zu mit weniger Geld zufrieden zu sein ohne eine Karriere. Da passt

00:17:55: zu, dass man im Sommer sagt, ich möchte nicht bis 19 Uhr im Krankenhaus sein, weil geht ja gar nicht,

00:18:00: weil um 17 Uhr kommen die Gäste in den Garten. Solche Dinge, das Haus mit Garten, der Pool,

00:18:06: die Autos, so viele Dinge, die für uns noch vielleicht fast noch selbstverständlich sind,

00:18:10: das ist für die junge Generation nichts. Und das ist eine riesige Herausforderung jetzt für die

00:18:15: Führungskräfte auch in Krankenhäusern, mit den jungen Leuten klarzukommen und das geht, das geht

00:18:21: definitiv und das sind ganz tolle Leute dabei, aber da müssen wir unser Denk noch ein bisschen ändern.

00:18:25: Der Dalai Lama wurde mal gefragt, was das größte Rätsel der Menschheit ist und dann hat er gesagt,

00:18:31: ja, es ist der Mensch. Er wird geboren, schafft sich Reichtum an, das stresst ihn so dermaßen,

00:18:37: dass er krank wird. Dann nimmt er den ganzen Reichtum, um wieder gesund zu werden und dann

00:18:41: stirbt er. Und ich finde, das bringt es eigentlich auf den Punkt, gerade in der Medizin. Man ist

00:18:46: ja Mediziner, man weiß, welche Folgen auch Stress, Überarbeitung etc. hat und wie du sagst,

00:18:52: es ist eine Frage des Umgangs. Ich hatte die Tage mit einem Schweizer Hausarzt zu tun und er

00:18:57: sagte, gar kein Problem. Ich habe Teilzeitstellen. Also die Mütter sind dankbar bei mir zu arbeiten.

00:19:03: Er hat überhaupt nicht das Problem gesehen, er hatte schon die Lösung für sich. Also finde ich,

00:19:09: siehst du, das ist Potenzial und nicht die Herausforderung einfach. Ja, Wahnsinn. Ich habe

00:19:16: in meiner Intensivzeit mich mit sehr vielen Menschen unterhalten, die wussten, dass ihre

00:19:20: letzte Woche oder ihr letzter Tag angebrochen war. Teilweise habe ich mich auch über eine

00:19:25: Therapiebegrenzung unterhalten bzw. dass wir auch eine Therapie beenden. Und ich habe diese

00:19:30: Zeit immer sehr genossen. Ich habe die Zeit genutzt und habe die gefragt, was würdest du bei einem

00:19:35: neuen Versuch anders machen? Und da haben fast alle gesagt, ich würde weniger arbeiten oder anders.

00:19:42: Ich würde öfter Nein sagen, haben sehr viele Leute gesagt, in einem weiteren Leben würde ich öfter

00:19:48: Nein sagen. Es haben eigentlich alle gesagt, mehr Zeit mit Freunden und Familie. Und was mich so

00:19:54: fasziniert, Martin, die Menschen, die wissen das jetzt bald, ihr letztes Stündleinschläge,

00:19:59: diese Menschen, die wollen wir ja irgendwie nicht sehen. Wir bauen Hospiize, wo wir die reinstecken,

00:20:03: viele Sterben, viele Sterben in einem alten Heim ohne eine Hand in der Hand. Und warum ist das so?

00:20:10: Und ich kann dir sagen, warum diese Menschen, warum wir die nicht sehen wollen, weil die nämlich

00:20:15: alles, wovon nach wir streben, das stellen die indirekt in Frage. Denn wer weiß, dass er in drei

00:20:22: Monaten nicht mehr ist, der wird nicht bei Amazon gucken, dass er sich noch eine neue

00:20:26: High-Fi-Anlage kauft. Der wird nicht versuchen, seinen Nachbarn mit einem Auto zu beeindrucken.

00:20:30: Diese Menschen werden häufig wach, sehr, sehr spät, aber sie werden wach aus einer Sedierung,

00:20:36: wie ich als Anästhesist immer sage. Und diese Sedativa, die wir haben, das ist Konsum, Status,

00:20:41: Geld, Macht, Karriere, Klicks, Likes, Aussehen, Fremdgehen, Ansehen, Image und so weiter. Also das

00:20:47: heißt, ich glaube, wir können, wir ahnen irgendwie, wenn wir einen Krebspatienten sehen, wenn der da mit

00:20:53: seinem Kopftuch im Warteraum sitzt und wir gucken nicht so hin und vielleicht ahnen wir doch ganz

00:20:59: tief in uns drin, dass das vornach wir streben jeden Tag, dass das nicht das wahre Leben ist. Und

00:21:04: jemand, der kurz vor dem Ende ist, der stellt natürlich alles irgendwie so in Frage für uns.

00:21:09: Und ich glaube, das ist ein Grund, warum wir die nicht sehen wollen. Konsum ist verrückt. Wir kaufen

00:21:13: Dinge, die wir definitiv nicht brauchen, von einem Geld, was wir eigentlich nicht haben. Das müssen

00:21:19: wir erarbeiten durch eine Arbeit, die wir nicht mögen, um damit dann insgesamt einen Nachbarn zu

00:21:22: beeindrucken, der sich gar nicht für uns interessiert. Und das ist für mich ein vergoldetes Leben. Und ich

00:21:28: habe mir einfach vor vier Jahren, habe ich mir vorgenommen, ich brauche nicht die Diagnose,

00:21:31: ich brauche nicht das Burnout, was einem häufig den Weg zeigt, sondern ich möchte,

00:21:36: dass ohne diese Katastrophen möchte ich ein wahres und bewusstes Leben führen. Und dann habe ich mich

00:21:43: eben hingesetzt und habe mir überlegt, was ist eigentlich, was sind die glücklichsten Momente

00:21:47: in meinem Leben. Und dazu gehört auch jetzt mit dir zum Beispiel, sich über diese essentiellen Dinge zu

00:21:51: unterhalten. Und da habe ich gesagt, das kann ich doch auch ganz oft machen. Und da kann ich auch

00:21:55: Geld fürnehmen. Und da kann ich Unternehmen mit verändern. Und dann habe ich von einem Tag auf

00:21:59: den nächsten diesen Top-Job auch gekündigt. Und ich bin heilfroh, dass das so ist. Ja, und du kannst

00:22:04: also von außen gesprochen ja noch mehr Leute bewegen als vorher in deinem Team. Oder muss man

00:22:08: ja auch sagen, du kannst jetzt an verschiedenen Orten, an verschiedenen Kliniken arbeiten und mit

00:22:13: den Leuten, die auch diese Veränderung wollen, weil du sagst, das braucht die Motivation. Wer die hat,

00:22:18: bewegt sich. Der kommt auch schneller voran. Und das kann man ja dann auch schön streuen und sagen,

00:22:24: ja, wer das will, der darf das machen. Ja, mit dem Tod ist ein Wahnsinnsthema. Ich glaube,

00:22:29: da muss ich mal eine Folge zu machen. Es gibt auch ein Buch dazu. Ich komme jetzt aber nicht drauf.

00:22:33: Ich verlinke das in den Show-Nauts. Es gibt, glaube ich, ein englischsprachiges Buch dazu. Auch

00:22:38: jemand, der mit Menschen gesprochen hat, die kurz vorm Tod sehen Krankheiten haben, was so die

00:22:44: fünf essentiellen Themen sind, die sie im Leben ändern würden. Kann ich nur empfehlen, nicht

00:22:49: so lange zu warten, bis man selbst im Bett liegt, sondern sich vorher damit auseinanderzusetzen.

00:22:53: Das ist, glaube ich, fünf Dinge, die sterben da am meisten bereuen oder so. Soll keine

00:22:59: Werbung sein, aber ich habe mich auch inspirieren lassen von derlei Gedanken und habe auch ein

00:23:03: Buch geschrieben "Notatzt für die Seele". Und da ist das nämlich auch ein großes Thema. Wir können

00:23:09: doch ohne so eine blöde Diagnose können wir doch eigentlich jetzt schon leben, als wenn wir einfach

00:23:13: mal wüssten, als intelligente Menschen, dass unser Aufenthalt hier auch begrenzt ist. Sogar sehr

00:23:18: kurz, wenn man mal ehrlich ist, selbst wenn man 70, 90 wird. Und das kann ich nur empfehlen,

00:23:22: da habe ich viele der Gedanken reingeschrieben. Mein Vater ist es so, in meiner Familie sterben

00:23:26: alle Männer sehr schnell, sehr früh. Mein Vater ist mit 71 gestorben, mein Großvater mit 64. Und

00:23:33: Martin, das wäre für mich mit meinen drei kleinen Töchtern, hätte ich ungefähr noch 8000 Tage,

00:23:38: wenn ich so alt werden sollte, wie mein Großvater. Das ist nicht ewig. Unsere Zeit ist begrenzt,

00:23:44: lass uns doch dieses Leben leben und lass uns die Jahre lieber mit Leben füllen.

00:23:48: Also ich merke das auch immer in der Diskussion mit meinem Sohn. Ich war neulich Fahrradfahren. Und

00:23:53: als der Autofahrer dann einfach mal der Meinung war, er muss über den Parkplatz rechts abkürzen,

00:23:58: aber genau ich dort stande, dachte ich mir auch, ja, es hätte jetzt hier an der Stelle

00:24:02: vorbei sein können. Und das guckt ich, dass mein kleiner Sohn, der noch so keinen Bezug zum

00:24:08: Tod hat und dann sagt er einfach, ja, Papa, dann wärst du jetzt im Himmel. Einfach weg. Kinder haben

00:24:14: ja nicht so diese emotionale, also die verstehen doch nicht, was passiert. Und da dachte ich, ja,

00:24:19: eigentlich genau das ist es. Es kann morgen vorbei sein. Und deswegen finde ich es gut,

00:24:23: dass du Führungskräfte da mitnimmst und sagst, ja, werdet euch auch der Verantwortung bewusst,

00:24:28: euch gegenüber. Das ist erst, erst mal geht es auch um euch. Ihr sollt nicht krank werden,

00:24:33: ihr sollt nicht im Burnout landen etc. Sind ja Medizine auch nicht gefeilt vor. Ihr habt Familie,

00:24:38: ihr habt Partner, Partnerin und ihr habt ein Team. Also das sind ja ganz viele Ebenen,

00:24:43: wo man inspirieren kann, aber wo man auch Verantwortung spüren kann und wo man sagt,

00:24:47: ich komme nicht damit zurecht, ich hol mir einfach Hilfe, wie ich das besser machen kann,

00:24:51: wie ich da besser führen kann. Eine Frage würde mich noch interessieren. Führung anderen gegenüber

00:24:58: hat ja auch viel mit Verständnis der anderen Person zu tun. Jetzt sind wir in einem Umfeld,

00:25:04: wo wir immer mehr internationale Fachkräfte haben, egal ob in Deutschland, in der Schweiz,

00:25:09: überall. Wir haben mit anderen Kulturen zu tun. Wir haben teilweise noch mit sehr tringenden

00:25:16: Vorstellungen von Hierarchie zu tun. Ich bin Arzt, das ist ein Patient. Ich bin Arzt, das ist die Pflegekraft.

00:25:23: Wie können wir da noch sensibler werden? Was müssen wir da vielleicht in Führung noch extra

00:25:30: beachten, wenn man in so einem internationalen Kontext arbeitet? Oder beispielsweise als

00:25:35: Deutscher Arztin, die Schweiz geht, dass man nämlich auch ausländer. Da kommt mir dann sofort das Thema

00:25:40: Werte in den Kopf, denn mir ist es immer völlig egal, wo ein Mensch herkommt und wie er aussieht.

00:25:45: Ich bin ein reisesüchtiger Mensch, ich habe mit meiner Familie 60 Länder besucht und machen

00:25:52: auch, wir hören auch nicht auf damit. Mir fällt immer wieder auf, dass ich mich an sehr vielen

00:25:57: Orten sehr zu Hause fühlen kann, wenn die Menschen die gleichen Werte haben. Wenn wir jetzt mal

00:26:02: einen Schweizer Deutschland denken, ein Chineser würde keinen Unterschied überhaupt erkennen können.

00:26:07: Er könnte durch Deutschland und durch die Schweiz reisen, er würde weder sprachlich noch was erkennen,

00:26:12: weil zwischen einem Hamburger und einem Münchner der Unterschied genauso ist wie zwischen einem

00:26:16: Ruhrgebietzmann und einem Züricher. Also das erst mal vorweg. Das heißt, nur wir nehmen

00:26:21: natürlich solche Feinheiten wahr. Und zum Thema Werte, ich fühle mich mit einem Menschen aus

00:26:26: Bangladesch, der sein Herz am rechten Fleck hat, der seine Werte für sich klar hat,

00:26:31: mit dem fühle ich mich verbundener als vielleicht mit einem Nachbarn, der fremdenfeindlich ist.

00:26:36: Oder ich fühle mich mit einem Biermann aus Hongkong, mit dem ich mich über Familie unterhalte und

00:26:42: der leuchtend von seinen Kindern erzählt mit leuchenden Augen. Mit dem fühle ich mich wohler

00:26:47: als mit einem Blödmann aus Berlin. Und ich finde im Unternehmen kann das auch mal sein,

00:26:53: dass wir vielleicht mal mehr auf die Gemeinsamkeiten achten. Was ist denn unsere Vision? Ziehen wir

00:26:57: nicht letztlich am gleichen Strick? Und ich weiß, dass Deutsche wie Schweizer genug dafür tun,

00:27:02: dass es dazu Missverständnissen kommt und zur Abgrenzung. Ich glaube, das können wir alle ganz

00:27:07: gut. Und ich finde das schön, wenn wir da vielleicht mal darauf achten, dass wir doch gerade die beiden

00:27:11: Länder 99,5 Prozent der Dinge ja erst mal schon mal sowieso gleich haben. Und wenn dann ein Unternehmen

00:27:18: noch ein Leuchtturm hat oder ein Kompass von wegen, wo soll es denn hingehen? Was ist denn unser

00:27:22: Ziel? Ich finde, dann kann man mit vielen Sachen leben und dann kommt ein ukrainischer Arzt, der macht

00:27:27: eben mit Google Translate, macht er eben die Anamnese und dann kommt eben einer mit zum Hochdeutsch

00:27:33: an und der muss manchmal nochmal ein bisschen Schweizerlernen zu verstehen und vielleicht können

00:27:38: wir da auch ein bisschen mal drüber schmunzeln über unsere Unterschiede. Wenn unser Herz in die

00:27:42: richtige Richtung zeigt, finde ich, dann dürfen wir das mal überwinden, finde ich. Ich fühle mich

00:27:46: als Weltbewohner. Ich sehe einfach mit einem zum milden Auge auf Unterschiede. Natürlich dürfen

00:27:52: wir die Unterschiede, die dürfen nicht in den Werten liegen. Jemand, der Hygiene, Freundlichkeit,

00:27:58: Kundenorientierung, wirtschaftliches Denken, Liebe zum Patienten, know how, wer diese Werten

00:28:03: nicht hat, der wird in jedem zivilisierten Krankenhaus Probleme haben und ist auch gut so. Es gibt

00:28:08: Werte, die können wir auch nicht, die werden wir auch nicht reduzieren für irgendwen. Aber wir sagen

00:28:14: mal, wer seinen Herz am rechten Fleck hat, wer auch bereit ist, ein bisschen zu lernen. Ich finde,

00:28:18: da sollten solche Unterschiede heute keine Rolle mehr spielen. Der Strick ist das Beispiel, weil wir

00:28:24: schauen oft auf eine Seite der Medaille oder da leuchtet es und da ist der Schatt. Wir brauchen

00:28:29: alle Leute im Gesundheitswesen und egal, ob die in der Verwaltung sitzen, in der Notaufnahme,

00:28:33: in der Pflege oder an der Rezeption, zum Schluss muss man immer wieder sagen,

00:28:38: das Kartenhaus stürzt unten ein und nicht oben. Und wenn die Hygien im Krankenhaus nicht stimmt,

00:28:43: weil die Putzkräfte einfach schlecht bezahlt sind, nicht motiviert sind, dann habe ich als Arzt

00:28:47: auch ein Riesenproblem. Da kann ich so gut sein, wie ich will. Irgendwann wird es schwierig und ich

00:28:52: finde, dem dürfen wir uns gerne erinnern, dass wir selbst als Führungskraft oder vielleicht gerade

00:28:57: als Führungskraft daran erinnern, wo wir herkommen. Wir waren auch mal Studenten, wir waren auch mal

00:29:02: Schüler, wir waren auch mal Pejotla und es ist ja eigentlich ein Privileg, wenn man in diese Situation

00:29:08: gekommen ist, auch zu sagen, jetzt gebe ich was zurück, wie du gesagt hast, wir würden irgendwann

00:29:13: nicht mehr sein. Tim, ich sage dir vielen Dank, ich weiß, wir könnten Stunden über das Thema sprechen.

00:29:19: Ich verlinke gerne dein Angebot, wer Interesse hat, ob als Arzt oder als Institution kann sich

00:29:27: gerne bei dir melden. Es ist ein extrem spannendes Thema und wir folgen gerne weiter und vielen,

00:29:32: vielen Dank. Danke dir. Martin, vielen, vielen Dank Martin. Und ich sage dir Danke fürs Zuhören,

00:29:38: auch das ist ein Privileg, dass du jede Woche in den Podcast rein hörst oder regelmäßig abonnieren

00:29:43: ihn gerne, bewerte ihn, denn das ist auch wichtig, damit man Gäste gewinnen kann, die euch hier diese

00:29:49: Inspiration geben und wer sich über die Schweiz informieren will, alles auf docsgoswiss.ch. Die

00:29:56: Gesundheit und bis bald. Adé.

00:29:58: [Musik]

00:30:04: SWR 2017

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