#32 Der Schweizer Hausarzt Dr. Giovanni Fantacci berichtet aus seiner Praxis

Shownotes

Diese Episode ist randvoll mit wichtigen Auswander-Themen. Der Schweizer Hausarzt Dr. Giovanni Fantacci berichtet nicht nur über seinen Praxisalltag mit 30 Patient:innen. Sondern geht auch auf Herausforderungen - wie Nachwuchssorgen, Beschränkungen der Zuwanderung im ambulanten Sektor und den steigenden Kosten im Gesundheitswesen - ein. Und zeigt auf, wie er diese Probleme gelöst hat. Diese Folge ist ein absolutes Muss für dich. Und wenn du Mehr erfahren möchtest, empfehle ich dir außerdem sein Buch Hausarzt 4.0 - ein Plädoyer für die Hausarztmedizin.


Du möchtest dir deinen Traum von der Schweiz erfüllen? Schreibe mir gerne eine E-Mail an info@docsgoswiss.ch oder buche dir direkt einen Termin.

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00:00:00: Das Thema heute als Hausarzt oder Hausärztin in der Schweiz tätig sein. Wie ist dieser

00:00:13: ambulant Bereich denn aufgestellt? Wie entwickelt er sich und welche Tipps kannst du von einem

00:00:19: erfahrenen Kollegen mitnehmen? Ich bin Martin Werner und du hörst im Podcast "Dogs Go Swiss",

00:00:26: alles zum Leben und Arbeiten im Schweizer Gesundheitswesen. Dies bespreche ich heute

00:00:32: mit Dr. Giovanni Fantacci. Er ist Allgemeinmediziner ausgebildeter Internistin der Schweiz und hat

00:00:39: seit 1997 eine eigene Praxis im Kanton Zürich, wo er auch Assistenzärzte, Assistenzärztinnen

00:00:47: ausbildet. Aber dem nicht genug. Er hat auch noch sich die Zeit genommen, ein Buch zu schreiben,

00:00:53: ein Plädoyer für die Hausarztmedizin mit dem Titel Hausarzt 4.0. Darüber werden wir auch

00:01:00: sprechen. Aber ich sage erstmal ganz herzlich willkommen, Herr Dr. Fantacci hier im Podcast.

00:01:05: Vielen Dank für die Einladung und ich freue mich auch über dieses Thema zu sprechen.

00:01:11: Steigen wir doch mal mit der ersten Frage ein. Ich höre es immer noch hier von vielen

00:01:16: Kollegen aus dem Ausland. Herr Werner, ich möchte unbedingt in die Schweiz. Ich habe in der Allgemeine

00:01:23: Medizin 50 bis 100 Patienten am Tag. Können Sie uns einfach mal mitnehmen, wie Ihr beruflicher

00:01:31: Alltag in Ihrer Praxis aussieht? Also diese Angaben höre ich auch von den deutschen Kollegen,

00:01:38: dass die so viele Patienten pro Tag eingeschrieben haben. Diese Situation ist in der Schweiz ganz

00:01:45: anders organisiert. In der Schweiz haben wir so 30 bis 35 Patienten pro Tag. Die Situation ist insofern

00:01:54: anders in der Schweiz als dass wir in der Haushaltspraxis viel mehr Abklärungen machen. Wir sind in

00:02:00: der Lage Röntgenbilder anzufertigen, Labor-Untersuchungen durchzuführen und EKG abzuleiten. Also wir haben

00:02:09: einiges an diagnostischen Instrumentarium bei uns, was uns ermöglicht, sehr viele Probleme in der

00:02:18: Haushaltspraxis selber zu lösen. Ich schätze, dass wir 90 Prozent der Probleme selber lösen und die

00:02:27: anderen Probleme, die überweisen wir dann den Kollegen, die spezialärztlichen Abklärungen

00:02:33: durchführen. Und auch diese Überweisungen, das läuft auch anders wie in Deutschland. Was die mir in

00:02:40: Deutschland erzählen, ist es so, dass die Überweisungen so auf einem Formular stattfinden. Wir versuchen,

00:02:49: diese Überweisungsschreiben etwas ausführlicher zu formulieren, auch eine Fragestellung zu

00:02:55: entwickeln, damit die spezialärztliche Beurteilung dann auch Sinn macht. Und durch das, dass wir

00:03:01: halt mehr selber machen, müssen wir auch weniger Überweisungen machen. Vielleicht mal so einen

00:03:09: Kontext herzustellen. Wenn ich jetzt als Patient zu Ihnen komme, als Neupatient, bekommt man noch

00:03:15: Termine. Wie lange wartet man bei Ihnen oder Kollegen in der Hausarztmedizin auf den Termin,

00:03:21: beispielsweise in der Region Zürich? Bei uns in der Region ist die hausätzliche Versorgung

00:03:28: zunehmend schwieriger geworden. Also wir haben eine deutliche Verknappung der Arztpraxen. Ein

00:03:35: größeres Problem in unserer Region war, dass ein Investor vier Praxen in Konkurs geführt hat. Und

00:03:43: durch das sind hunderte von Patienten oder tausende von Patienten hat von einem Tag auf

00:03:48: den Abend plötzlich keinen Hausarzt mehr. Und das hat für uns Kollegen, die schon in der Region

00:03:54: sind, zu wirklich massiven Problemen geführt, indem wir dann auch einen Patientenstopp machen

00:04:01: mussten, weil wir sonst nicht mehr nachkommen. Weil wir versuchen schon in der Regel, dass so zu

00:04:07: organisieren, die Praxis, dass die Patienten am gleichen Tag, wenn es sich um einen Notfallhandel

00:04:12: kommen können, oder spätestens am nächsten oder über nächsten Tag kommen können. Also wir halten

00:04:18: die Agenda sehr stark auch noch offen, damit wir flexibel bleiben. Das konnten wir dann, wo diese

00:04:25: vier Praxen, es sind vier Praxen bei uns in der Umgebung, die Konkurs gegangen sind. Als das

00:04:30: passierte, war wir von einem Tag auf den anderen völlig überlastet. Weil wir haben 15 bis 20

00:04:39: Anfragen pro Tag bekommen, die gerne zu uns wechseln wollten und das war nicht mehr zu bewältigen.

00:04:47: Sondern die Situation. Also das ist, glaube ich, die Entwicklung wie in Deutschland auch. Wir sind

00:04:55: ja in der Akklimeration von Zürich, wo auch eine Verknabbung sich entwickelt, der Hausärzte.

00:05:03: Kann man sicherlich auch nochmal mit dem Blick auf Ihr Buch drüber zu sprechen. Aber welche Rolle

00:05:09: hat der Hausarzt in der Schweiz, also wie werde ich zugewiesen von der Krankenversicherung,

00:05:16: welche Bedeutung wird im Gesundheitssystem aktuell beigemessen? Sehr viele Patienten in der

00:05:23: Schweiz sind in einem Hausarztmodell. Also diese Modelle der ersten Anlaufstelle, wo sie sich

00:05:29: zuerst an uns wenden sollen, die haben einen großen Anklang gefunden, weil diese Modelle

00:05:36: 10 Prozent Reduktion der Krankenkassenprämien anbieten. Und darum sind die so attraktiv und das

00:05:44: finde ich eigentlich grundsätzlich eine gute Entwicklung, weil das eigentlich eine Steuerungsmöglichkeit

00:05:49: gibt für das ganze Gesundheitswesen, indem wir dann auch mit den Patienten diskutieren können,

00:05:57: welche Untersuchungen sie überhaupt sind vor. Macht es überhaupt Sinn, zu diesem und jenem

00:06:03: Spezialisten zu gehen. Das gibt natürlich einen Teil der Patienten, die die höhere Prämie zahlen und

00:06:09: dafür eine freie Arztwahl haben. Da gibt es durchaus Leute, die sich nur bei den Spezialisten

00:06:16: bewegen, aber das ist grundsätzlich nicht von Vorteil. Das sehe ich immer wieder, weil solche

00:06:23: Patienten dann im Notfalldienst bei uns auftauchen und dann merkt man, wie verworren die ganze

00:06:30: Situation ist, wenn die nur noch bei Spezialisten Konsultationen haben und kein, ein Prinzip

00:06:36: wie keiner da ist, der den Überblick hat und dem Patienten auch helfen kann, eine ganzheitliche

00:06:43: Betrachtung seiner Probleme zu finden und nicht nur eine Betrachtung ständig der partikulären

00:06:50: Probleme. Ja, sehr spannend und Sie haben es ja selbst gesagt, Sie können ja in 90 Prozent der Fälle

00:06:56: helfen und das bei der ersten Station ist natürlich auch für alle anderen Ärzte eine

00:07:02: Riesenentlastung, wenn bei der ersten Station schon die medizinische Hilfe gegeben werden kann.

00:07:07: Was wir noch organisiert haben, ist ja ein Notfalldienst. Also der läuft ja auch über die

00:07:12: Hausärzte. Es gibt einen Notfalldienst der Spitäler und es gibt einen Notfalldienst der

00:07:18: niedergelassenen Ärzte der Region und wir decken eigentlich jeden Tag im Jahr ab und die Patienten

00:07:26: können dann diesen Notfalldienst nutzen und das wird auch gemacht. Mich würde noch interessieren

00:07:33: so mit Blick auf Ihre Erfahrung, wie Sie ausländische Kollegen und Kolleginnen wahrnehmen, was Sie

00:07:42: Erfahrung gemacht haben. Sie bilden selber aus, Sie haben auch mal im Spital gearbeitet. Gibt es so

00:07:49: Dinge, die in einem Schweizer besonders positiv auffallen oder die erst mal gewöhnungsbedürftig

00:07:57: sind im Umgang mit Nichtschweizern? Also ich habe in sicher über 20 Assistenzärzte schon

00:08:04: ausgebildet und davon sind, wenn ich jetzt so mich richtig erinnere, sind vier Assistenzärzte

00:08:12: sind direkt aus Deutschland in meine Praxis gekommen und dieser direkte Einstieg aus Deutschland in

00:08:19: eine Arztpraxis ist für mich schon eine Herausforderung, weil die kennen das ganze System in der

00:08:25: Schweiz nicht, wie das funktioniert und man muss sehr, sehr viel am Anfang erklären, was wie geht

00:08:33: und was können wir überhaupt in einer Hausarztpraxis abklären, weil diese Sachen sind nicht bekannt

00:08:40: mit den Kollegen. Grundsätzlich habe ich eigentlich gute positive Erfahrungen gemacht mit den

00:08:46: ausländischen Kollegen. Also ich glaube da jetzt nicht, nicht negative, sind sehr gut ausgebildete

00:08:53: Ärzte da, die gekommen sind aus Deutschland, da kann ich gar nichts Negatives sagen. Es ist mir so,

00:09:00: dass Wissen des Gesundheitssystems in der Schweiz, das ihnen fehlt und die dann auch das Gefühl haben,

00:09:08: ja, das muss man alles, man muss ständig die Patienten zu den Spezialisten schicken und dann

00:09:15: das gar nicht wissen, dass das gar nicht notwendig ist, dass wir die Probleme, die wir selber lösen

00:09:21: können, auch versuchen selber zu lösen und das ganze System zu entlasten. Das ist sicher auch eine

00:09:28: neue Erfahrung für die Kollegen. Ich kann mir vorstellen auch für die Patienten, also im Umgang

00:09:34: mit den Patienten, Patienten auch noch mal etwas anderes. Sie haben am Anfang bestätigt diese Zahlen

00:09:40: 50 bis 100 Patienten am Tag in einer deutschen Praxis, dann der Wechsel in die Schweiz und in

00:09:47: Anführungszeichen nur 30 oder 35 Patienten, ist das auch ein anderer Anspruch, den der Schweizer

00:09:54: Patient hat an den Vertrauensarzt, den Hausarzt, also ich sage mal, sich Zeit zu nehmen, das Labor

00:10:01: noch zu machen und überspitzt gesagt nicht wie in einigen deutschen Fällen, wie man immer wieder

00:10:06: hört, sicherlich nicht die allgemeinerung, aber einfach schnell schnell zu machen, weil man weiß,

00:10:12: sitzen noch 50 Patienten im Wartezimmer. Ja, ich verstehe auch, ich verstehe nicht richtig, wie das

00:10:18: zustande kommt, dass in Deutschland so hohe Zahlen pro Tag kommen. Also so wie ich das auch verstanden

00:10:25: habe oder wie was die mir die Kollegen erzählt haben, ist das auch so, dass die manchmal nur so

00:10:31: zwei Minuten Konsultationen haben, wo es nur um eine Überweisung geht oder irgendwie nur um einen

00:10:36: Schein oder so und dass es gar nicht vertiefte Konsultationen sind und nur so kommt man auf

00:10:42: diese hohen Zahlen, sonst geht das gar nicht auf. Also man kann nicht 50 Patienten seriös an einem

00:10:50: Tag beurteilen und anschauen, das ist nicht menschenmöglich, das sind viele administrative

00:10:57: Tätigkeiten auch, die dann in kurzer Zeit bewältigt werden müssen mit irgendwelchen

00:11:02: Formularen und Arbeitsumfähigkeitszeugnissen und weiß ich was oder die dann nicht eine vertiefte

00:11:09: Beschäftigung mit den Patienten benötigen. In der Schweiz wird das schon sehr angenehm, also die

00:11:15: Kollegen sind alle, die finden das ganz toll, dass das anders läuft bei uns. Ich habe einen Kollegen

00:11:22: aus München einmal gehabt, der war 70-jährig, der ist in die Schweiz gekommen und hat gesagt,

00:11:28: das sei das Paradies hier, das sei so toll oder der Zeit für die Patienten, was in Deutschland

00:11:34: irgendwie nicht mehr funktioniert. Ja, das ist das was man oft hört, was dann auch dem medizinisch

00:11:41: ausgebildeten Fachleuten ja auch fehlt oder? Sie wollen ja Zeit mit den Patienten verbringen und

00:11:46: nicht als Unfähigkeitszeugnisse ausstellen, sondern das kann ja jemand anders in der Praxis

00:11:51: übernehmen oder abnehmen. Sie haben es schon angesprochen, aus deutscher Sicht ist es so ein

00:11:57: Paradies. Es gibt ja aber nun auch in der Schweiz Diskussion über die Zukunft der Hausarztmedizin

00:12:05: des ambulanten Sektors. Haben Sie deswegen das Buch geschrieben, hat es am Anfang erwähnt,

00:12:12: Hausarzt 4.0, ein Plädoyer für die Hausarztmedizin oder was war Anlass, sich nochmal die Mühe zu

00:12:20: machen, so ein wichtiges Buch auch niederzuschreiben? Also das Buch ist entstanden als Idee, als ich 60

00:12:29: Jahre alt wurde. Also wenn man 60 Jahre alt wird, dann hat man keine so lange Lebensperspektive mehr,

00:12:37: wie wenn man 40 ist oder 30 Jahre alt. Und da habe ich gedacht, ja was mache ich jetzt, was möchte ich

00:12:44: gerne machen oder was mich interessiert auch. Und die Idee war, so ein Buch zu schreiben mit den

00:12:53: Fragen und mit den Themen, die mich persönlich eigentlich in all diesen Jahren sehr beschäftigt

00:13:00: haben. Und die Idee war auch versuchen die jungen Ärzte anzustecken mit diesem Virus für die

00:13:07: Hausarztmedizin, damit sie den Einstieg finden. Und ich habe den Eindruck, dass ich auch schon

00:13:14: Erfolg hatte damit, dass ich habe eine Kollegin, die kommt jetzt aus ihrer speziellen

00:13:18: ärzlichen Ausbildung wieder zurück zu uns und ich glaube, dass das Buch auch

00:13:24: einen bedeutenden Anteil daran hatte, dass die sich dann doch begeistert für dieses

00:13:28: Fach der Haushaltsmedizin. Und wenn man das eben nicht formuliert, dann weiß man gar nicht,

00:13:34: was alles in einem Haushaltspraxis passiert. Dann hat man gar keine Vorstellung, was wir an

00:13:41: Arbeit leisten und was auch möglich ist, mit den Patienten zu erreichen, auch Erfolgserlebnisse

00:13:48: und schöne Beziehungen. Man bekommt das Haushalts immer wieder sehr viel Anerkennung von den

00:13:56: Patienten. Es gibt sehr viele Patienten, die sind sehr glücklich und dankbar. Natürlich gibt es

00:14:03: immer auch schwierige Patienten, mit denen müssen wir uns auch immer wieder auseinandersetzen. Aber

00:14:09: man muss sich auch die positiven Seiten des Berufes vor Augen halten. Für mich ist der Hausarzt

00:14:16: immer oder die Hausärztin so eine Vertrauensstelle. Weil den Facharzt den sehe ich vielleicht einmal.

00:14:22: Mein Hausarzt sehe ich regelmäßig, der kennt meine ganze Geschichte. Er kann mir auch schnell

00:14:29: helfen. Auf dem Facharzt muss man manchmal lange warten. Und wie Sie sagen, vielleicht wenn das

00:14:34: Knie zwickt, dann ist das vielleicht ein Schmerz im Knie. Aber der kommt vielleicht durch Stress

00:14:40: auf Arbeit zu wenig Bewegung. Das sieht der Hausarzt ja viel eher, weil er die Zeit hat,

00:14:46: auch diese Gespräche zu führen, die eben das ganze Bild mit abdecken und deswegen auch ein

00:14:52: wichtiges Buch. Und schön, dass sie da schon erste Erfolge haben. Wie er sich auch über das

00:14:57: Buch zueinander gekommen ist, vielleicht dann schon der zweite Erfolg. Im Schweizer Gesundheitswesen

00:15:03: wird immer wieder die Frage für ausländische Ärzte gestellt, okay, jetzt kann ich ja aber aus

00:15:08: dem Ausland kommen, gar nicht mehr im ambulanten Sektor so einfach arbeiten. Erleben Sie diese

00:15:15: Diskussion bei sich in der Praxis oder bei Kollegen auch mit dieser Beschränkung? Oder wie

00:15:21: tangiert Sie das im Alltag? Also so wie ich das jetzt verstanden habe, auch die gesetzliche

00:15:27: Entwicklung und alles, diejenigen Kollegen, die gerne in einer Hausarztpraxis arbeiten wollen,

00:15:33: können das weiterhin. Also es gibt ja da Ausnahmeregelungen für die Hausarztpraxen,

00:15:40: weil die Notstand so groß ist. Man muss halt Kompromisse suchen, dass man zum Beispiel,

00:15:45: weiß ich, am Anfang halt im angestellten Verhältnis arbeitet, bis man da, ich glaube,

00:15:51: man muss drei Jahre, wenn ich das richtig im Kopf habe, drei Jahre in der Schweiz arbeiten und

00:15:56: dann kann man Selbstständigkeit einreichen, das ist halt so. Dann arbeitet man beim Kollegen. Es gibt

00:16:03: ja sehr viele Hausarztkollegen, die auch freundlich sind und die sich freuen, wenn ein junger

00:16:10: Kollege in seine Praxis kommt. Das machen ja auch die Kollegen in meiner Region, haben dieses

00:16:17: Modell jetzt auch entdeckt und stellen Assistenzärzte an und das ist, glaube ich, schon der Weg,

00:16:23: wie wir auch zu Nachfolgen kommen, muss ich ganz eindeutig sagen, weil alle die Kollegen,

00:16:29: die jetzt in der Praxis mit mir zusammen mit mir zusammen die Praxis tragen, die haben einen

00:16:34: Teil ihrer Ausbildung bei mir gemacht und sind dann geblieben. Ich glaube, dass diejenigen,

00:16:40: die einmal diese Erfahrung in einer Hausarztpraxis wirklich auch machen konnten, können sich dann auch

00:16:46: für diesen Beruf begeistern. Wie groß ist eigentlich der Berührungspunkt zur allgemeinen Medizin im

00:16:53: Schweizer Medizinstudium? Also im Studium, die haben so Kurse, wo sie dann als Studenten in eine

00:17:01: Hausarztpraxis gehen und dann neben einem sitzen, während der Sprechstunde oder zum Teil auch

00:17:07: Patienten untersuchen können und so erste Erfahrungen in der Hausarztpraxis machen können.

00:17:13: Meine Erfahrung ist mir so, dass viele junge Ärzte nach dem Studium im Spital sind und dann

00:17:21: gar nicht mehr den Weg in den ambulanten Bereich finden, sondern die sind dann irgendwo in einem

00:17:28: allgemeinen innere Medizin und haben dann den Eindruck, sie müssten alle Morgendarmspezialisten

00:17:35: werden oder Herzspezialisten. Also dort ist dann mehr so das Problem. Im Prinzip denke ich,

00:17:42: wäre es gut, wenn jeder Assistenzarzt in einer Hausarztpraxis arbeiten müsste, ein halbes Jahr

00:17:50: oder ein Jahr, dass man irgendein so ein verpflichtende Ausbildung auch im Hausarztbereich machen

00:17:56: würde, weil das würde einiges ändern, denke ich. Weißt du, sonst bleibt man in diesem Spitaldenken

00:18:03: drin und weiß gar nicht, wie der ambulante Bereich eigentlich aussieht. Ich höre immer wieder,

00:18:10: das ist vielleicht ein Argument aus Deutschland heraus, dass das Hauptproblem wäre, dass die

00:18:15: junge Generation ja nicht mehr arbeiten möchte und Hausarzt wäre ja nicht vereinbar mit Familie,

00:18:22: etc. Wenn ich ihr Buch lese, kann ich mir das gar nicht so vorstellen. Sie sind ja auch sehr

00:18:28: eindrücklich, was Sie sagen. Sie haben die ganze Palette der Beziehung mit dem Menschen,

00:18:33: Bekleidung von schweren Krankheiten, Todesfälle, aber auch Heilung, etc. Das ist ja das, was

00:18:41: einen jungen Mensch dazu bringt, Medizin zu studieren. Genau dieses Fell. Was können Sie da

00:18:48: vielleicht noch jungen Kolleginnen mitgeben, egal welcher Nation, warum sich das lohnt. Vielleicht

00:18:54: wieder den, ich mag es nicht in den Mund nehmen, aber vielleicht diesen Rückschritt wirklich in

00:19:00: großen Anführungszeichen zurück, basic, zu Hausmedizin. Nicht die Spezialisierung,

00:19:07: sondern wieder dahin gehen, wo die Medizin entstanden ist. Gibt es da ein Geheimrezept,

00:19:13: wo Sie sagen, das ist es und wer das sucht, findet das auch? Also in unserer Praxis haben wir zwei

00:19:20: Mütter mit Kindern, die also Teilzeit arbeiten. Also ich denke, dass wenn man so eine Gruppenpraxis

00:19:27: ist, sind Teilzeitmodelle für Mütter eigentlich gut umsetzbar. Das widerspricht nicht einer

00:19:36: Haushaltspraxis. Aber es stimmt schon so, dass es früher, also früher war ich quasi rund um die

00:19:43: Uhr für meine Patienten zuständig. Das hat sich geändert, indem wir jetzt einen den Notfalldienst

00:19:50: ausgeweitet haben und durch das bin ich nicht mehr in der Nacht auch noch zuständig für die

00:19:55: Patienten. Aber diese Erlebnisse oder die Beziehung zu den Patienten sind schon das bereichernde

00:20:04: Element im Leben. Also weil dort erlebt man wirklich ganz, ganz eng, wie die Menschen leben,

00:20:11: wo sie ihre Schwierigkeiten haben und auch wo wir dann wieder Erfolg haben, dass wir zusammen,

00:20:19: man geht ja quasi mit den Patienten den Weg, einen Teil ihres Weges im Leben und das ist sehr

00:20:26: bereichernd für jeden Menschen. Das erzählen ja auch zum Beispiel auch ein Pfarrer, der auch sehr

00:20:34: viel zu tun hat mit Menschen über längere Zeit, also nicht nur über einem Jahr oder Psychologen oder

00:20:42: Lehrer, die auch das erleben, wie sich Menschen auch entwickeln. Also das erlebe ich ja auch mit den

00:20:49: Kindern. Wir impfen auch sehr viel, das ist auch eine Spezialität. In der Schweiz läuft sehr viel

00:20:56: Pediatrie über die Hausärzte und wir impfen schon immer, schon seit über 20 Jahren impfen wir

00:21:03: Kindes vom Säuglingsalter an und begleiten die Mütter über all diese Entwicklungsstufen und das

00:21:11: ist halt schon sehr schön, die kommen dann als Jugendliche wieder und dann ist das so etwas

00:21:17: Familie bei uns, die erzählen dann ja, sie kennen mich ja schon, seit ich klein bin und dann sehr

00:21:24: vertraut und dann merkt man, dass das wie wichtig diese Anlaufstelle ist für die Menschen, also was

00:21:31: die, was es für sie bedeutet, wenn ein Hausarzt da ist, der zur Verfügung steht oder mit dem man

00:21:39: auch sprechen kann oder da kommen die Kinder und sagen ja sie kennen doch meinen Vater und meine

00:21:44: Mutter, sie wissen doch, das war nicht immer so einfach, dann sage ich ja genau, das sehe ich auch

00:21:49: so, aber sie schaffen das und haben sich daraus entwickelt. Also das sind schöne Erlebnisse,

00:21:56: die man dann mitnimmt. Ja, kommt gerade die Erinnerung an meine Kinderärzte, es war eine Kinderärzte,

00:22:04: aber da bin ich dann noch hingegangen, als ich erwachsen war und die hatte auch kein Problem damit,

00:22:08: weil es eben so ein wichtiger Bezugspunkt war und ich wollte eigentlich gar nicht woanders hin,

00:22:13: weil man kennt sich, die kennen die Vorgeschichte, die kennen die Eltern und das ist ja einfach beim

00:22:19: Arzt in der Medizin ist halt auch viel Vertrauenssache. Also das muss man ja einfach immer wieder sagen,

00:22:24: die Arbeit mit dem Mensch, sehr sehr wichtig und ich kann an der Stelle auch das Buch nur empfehlen,

00:22:29: ich würde es auch noch mal in den Hinweisen zum Podcast verlinken, dass es jeder findet,

00:22:34: der jetzt hier zuhört und sagt, da muss ich doch unbedingt mal reinlesen, weil ich vielleicht da

00:22:40: ja wieder in die Praxis zurück möchte. Also es ist auch wirklich auch mit den Patienten diese

00:22:46: Vorstellung, man lernt die Patienten, also wenn ich als Hausarzt beobachte viel, wie die Patienten

00:22:53: sich bewegen oder wie sie reagieren und über die Jahre hinweg spürt man dann, was das für ein Mensch

00:23:00: ist, wie er reagiert und wie kann man ihm am besten helfen. Das ist eine Frage auch der Beziehung dann

00:23:08: oder dann kommt man auch weiter und kann ihm helfen im Leben, sonst geht das nicht.

00:23:14: Ich bin ein großer Fender Hausarzt-Medizin und ich glaube, wir haben grundsätzlich,

00:23:20: haben wir das Problem, dass wir weniger Fachkräfte haben werden in Zukunft, das ist einfach egal,

00:23:25: in welchem Land wir in Europa schauen, ein Thema und wenn ich sehe, wie allumfassenden Mediziner

00:23:32: auf mich schaut aus eigener Erfahrung, der sieht dann vielleicht, dass mein Bluthochdruck mit Stress

00:23:39: auf der Arbeit zu tun hat oder mit Konflikten im Privatleben etc. und da muss ich vielleicht

00:23:47: noch gar nicht zum Kardiologen gehen, sondern der Ansatz ist ganz woanders, der mir unmittelbar

00:23:52: auch hilft, weil beim Hausarzt habe ich eine unmittelbare Rückmeldung und da macht man ja

00:23:57: auch kein Geheimnis drum, je mehr Fachärzte involviert sind, je mehr Medizin involviert sind,

00:24:02: so mehr kostet das Ganze auch und wir müssen uns sicherlich die Frage stellen, wer in Zukunft,

00:24:08: was im Gesundheitswesen bezahlt und was man vielleicht mit ganz anderen Ansätzen auch lösen kann.

00:24:15: Also das ist mir auch wichtig, dass ich mit den Patienten diskutiere, welche Untersuchungen machen

00:24:21: überhaupt Sinn und welche Untersuchungen werden ihm nicht weiter helfen, weil das nicht jede Diagnostik

00:24:29: ist zielführend und über diese Themen zu sprechen ist für die Patienten auch von Bedeutung, weil wenn

00:24:37: die dann so in eine Diagnostikmühle reinkommen, man kann das mal so bezeichnen, Diagnostikmühle,

00:24:43: wo dann eine Facharzt nach dem anderen alles Mögliche abklärt, dann kommt der Patient manchmal

00:24:51: auch durcheinander und er weiß nicht mehr, was er jetzt eigentlich machen soll und da kommt dann

00:24:57: der Hausarztenspielung, indem er ihm an die Hand nimmt und ihm zeigt, was sind die grossen Probleme

00:25:04: in seinem Leben und welcher sind die Nebenschauplätze, die nicht so wichtig sind und was müsste man noch

00:25:13: abklären und welche Therapie wäre am sinnvollsten. Das sind Fragen, die der Patient nicht selber

00:25:19: entscheiden kann und auch häufig halt mit den Spezialisten auch nicht eine so ganzheitliche

00:25:26: Betrachtung eben nicht stattfindet, sondern eine particuläre Betrachtung dann der Probleme des

00:25:34: Herzens oder der Lunge oder der Augen und all diese Leitlinien sind dann auch schwierig umzusetzen,

00:25:42: wenn man alle Leitlinien befolgt, dann hat ein Patient sagen wir so mit 70 Jahren,

00:25:47: 10 bis 20 Medikamente, aber die Frage ist, sind das alle sinnvolle Medikamente und wie viele

00:25:53: Nebenwirkungen haben diese Medikamente? Also das sind alles Fragen, die man mit den Patienten

00:25:59: besprechen kann. Ich finde das ein wunderbares Schlusswort, Herr Dr. Fantaci. Ich darf an der Stelle auch

00:26:04: sagen, wir sprechen am Abend, Sie haben schon einen langen Tag in der Praxis hinter sich dafür

00:26:10: und für diese Informationen Einblicke sage ich wirklich vielen, vielen Dank und auch für das

00:26:15: Buch natürlich für ja das über das eigene Wirken hinausdenken für die Hausarztmedizin.

00:26:20: Merci Herr Dr. Fantaci. Vielen Dank für das Gespräch. Die Empfehlung fürs Buch Hausarzt 4.0

00:26:28: habe ich jetzt mehrfach ausgesprochen. Ich verlinke das in den Show Notes. Dir, die du zuhörst,

00:26:33: sage ich auch herzlichen Dank. Gesundheit, wünsch dir, dass du einen guten Hausarzt hast.

00:26:38: Dein Martin Werner. Tschüss.

00:26:40: [Musik]

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