#29 Notfallmedizin mit Dr. Christoph Schmitz

Shownotes

Heute lernst du die Schweizer Notfallmedizin näher kennen. Dr. Christoph Schmitz hat vom Assistenzarzt bis zum Leitender Oberarzt der Notfallmedizin alle Karrierestufen in der Schweiz durchlaufen. Neben dem Facharzt der Anästhtesie erwarb er auch den Schweizer Facharzt der Intensivmedizin. Ferner hat er Berufserfahrung als Notarzt in Deutschland erworben. So sagt er: "Die Freundlichkeit der Schweizer ist nicht mit flachen Hierarchien zu verwechseln." Wunderbare Einblicke in die Notfallmedizin beider Ländern.


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00:00:00: Heute meldet sich DocsGoSwiss aus der Notaufnahme. Ich bin Martin Werner und sage dir Hallo.

00:00:13: Schön hörst du wieder rein in deinen Podcast zum Thema Arbeiten und Leben in der Schweiz,

00:00:18: insbesondere für Menschen im Gesundheitswesen. Mein heutiger Gast ist Dr. Christoph Schmitz.

00:00:25: Er ist Leitender Arzt der Notfallmedizin in der Schweiz gewesen. Lange Zeit auch Parallel

00:00:32: noch dazu Leitender Notarzt in Deutschland und hat seine berufliche Tätigkeit in beiden Ländern

00:00:38: ausgeführt. Er kennt also aus der Assistenzarztzeit der Anästhesie Deutschland, ist dann 2010 in

00:00:46: die Schweiz gewechselt und wird also fachlich erzählen von dem klinischen Bereich, dem präklinischen

00:00:53: Bereich und seine Erfahrung aus beiden Ländern. Darüber sprechen wir und ich sage herzlich willkommen,

00:00:59: Herr Dr. Schmitz. Ja, schön guten Tag Herr Werner. Herzlichen Dank für die Einladung.

00:01:04: Gehen wir auch direkt rein in diese Jahrzwei-Welten. Die fachlichen Unterschiede in der Anästhesie

00:01:13: gibt es die zwischen den beiden Ländern, gibt es Besonderheiten beispielsweise in der Ausbildung,

00:01:22: in der Anwendung der Methoden, die Ihnen aufgefallen sind, die beachtenswert werden.

00:01:29: Ja, da muss ich ein bisschen zurückblenden an der Assistenzarztzeit, praktisch das erste,

00:01:33: mein erster Facharzt, den ich mir vorgenommen hatte, 2009 oder 2008 in Deutschland begonnen

00:01:43: an einem großen Haus mit 550 Betten. Dadurch bin ich dann 2010 an Universitätssmittern in der

00:01:51: Schweiz gewechselt und in der Methodik gibt es da sicherlich keine Unterschiede. Man kann mal unterm

00:01:59: Strich sagen, auch im Vergleich, wo ich dann wiederum in der Schweiz später an ein kleineres

00:02:04: Kantonspital gewechselt bin, in der Anästhesie überall wird mit Wasser gekocht und die Methoden

00:02:10: unterscheiden sich jetzt an sich mal nicht. Es gibt einfach sehr große Unterschiede im Ablauf,

00:02:17: also während ich dann als Berufsanfänger im Ruhrgebiet an dem Haus, praktisch nach einer

00:02:23: Woche eigentlich die Verantwortung für mein Saal von morgens bis zum Schichtende hatte und

00:02:30: ja, das auch ohne Zwischenfälle meistern konnte. So bin ich dann als eben nicht mehr Berufsanfänger,

00:02:39: dann später an das Universitätsspital gekommen, wo ich auch zwei Jahre nachdem ich da gearbeitet

00:02:45: hatte, immer noch sehr viel Supervision erlebt habe. Das heißt zum Beispiel, dass man an sich

00:02:52: keine Ausleitung einer Narkose als Assistenzarzt alleine machen durfte. Das war ein kleines bisschen

00:02:59: Abhängigkeit vom jeweils supervidierenden Arzt, aber das war da eigentlich die Regel,

00:03:05: dass zu jeder Ausleitung einer Narkose ein sogenannter Kaderarzt anwesend ist und das bedeutete

00:03:13: natürlich eine extreme Verlängerung des Prozesses an sich. Also man hat auch gerne mal über das

00:03:20: OP Ende heraus noch, ich sag mal, einige Zeit Narkose gemacht, weil eben der Kaderarzt zu

00:03:27: dem Zeitpunkt vielleicht nicht verfügbar war. Das mag sich aber in den letzten Jahren auch geändert

00:03:32: haben, weil sich natürlich auch in der Schweiz ein gewisser Kostendruck breit macht und man auch

00:03:37: erkannt hat, dass Prozesszeiten extrem wichtig sind. Also der OP muss laufen und das kann sich

00:03:45: geändert haben. Aber das ist, würde ich sagen, eine der Hauptunterschiede, die Supervision der

00:03:52: der Assistenzärzte. Das Wasser ist kälter in Deutschland. Das muss, glaube ich, jeder für

00:04:01: sich so ein bisschen entscheiden, wie er besser lernt. Es gibt da verschiedene Lerntypen meiner

00:04:06: Meinung nach. Es gibt Menschen, die arbeiten effektiver und lernen besser und schneller,

00:04:11: wenn sie selber Verantwortung tragen. Und dann gibt es Menschen, die das Behütete sehr schätzen und

00:04:20: froh sind, wenn sie immer einen netz- und doppelten Boden praktisch hinter sich stehen haben.

00:04:26: Ändert sich diese Formen nochmal, wenn man dann ausgebildet, da Facharzt ist? Da hört ich

00:04:35: beispielsweise, dass in der Schweiz auch die Anästhesiebpflege eine deutlich höhere Kompetenz

00:04:42: hat. Ja, dem Begriff des Facharztes gibt es in der Schweiz fast gar nicht, weil man mit einem

00:04:49: gewissen Automatismus in der Schweiz eigentlich mit erreichen, dass Facharzt, das Oberarzt wird.

00:04:55: Und da ist auch ein riesengroßer Unterschied zum deutschen System, während man sich hier doch

00:05:01: recht viel Spuren verdienen muss, um, also hier, also, also, während man sich in Deutschland

00:05:06: viele Spuren verdienen muss, um als Oberarzt in einer Klinik tätig zu sein, gelangt man praktisch

00:05:12: in der Schweiz recht automatisch in diese Hierarchiestufe. Und das gelingt den Eiding-Fächern

00:05:19: sogar vor Erlang des Facharztes. Da spricht man dann von einer, in einfach Stichens Facharztreife,

00:05:26: wobei die auch sehr dehnbar ist, also das mag auch manchmal einem gewissen Personalmangel geschuldet

00:05:32: sein, wann so eine Facharztreife ausgesprochen wird. Und Fächern, wo es vorgeschrieben ist,

00:05:39: dass ein Facharzt 24/7 praktisch in einem Haus sein muss, und das ist in der Anästhesiebpflege,

00:05:46: zum Beispiel so wird man typischerweise eigentlich dann Oberarzt, wenn man Facharzt ist. Und was

00:05:52: wir angesprochen haben bezüglich der Pflege, ist das richtig, da gibt es in der Schweiz die Pflege-Narkose,

00:05:57: das heißt, Pflege ist berechtigt, eine komplette Narkose durchzuführen, wobei ein und Ausleitung

00:06:05: in Supervision stattfindet durch einen Oberarzt, in die aller Weise. Ja, die Pflege führt eigentlich

00:06:13: die Tätigkeiten eines Anästhesisten aus, also zumindest eine Vollnarkose und idealerweise

00:06:23: bei Patienten, die jetzt recht gesund sind. Aber nie völlig allein. Ja, immer im Team. Also mich

00:06:31: würde noch mal ein, was interessiert, Sie haben es angesprochen, Sie haben gestartet in einem großen

00:06:35: Haus mit 550 Betten. Die Struktur des Schweizer Gesundheitssystems ist ja deutlich anders als

00:06:42: in Deutschland. Die Größe der Häuser ist oft kleiner. Wie würden Sie das empfinden beziehungsweise

00:06:49: vielleicht jungen Kollegen, Kolleginnen, somit auf den Weg geben, kann man neben dem kalten Wasser,

00:06:56: was Sie beschrieben haben, auch einen Unterschied machen in Anzahl der Fälle, in der Art der Intensität,

00:07:04: also überspitzt gesagt, ich höre Kollegen, die sagen, ich möchte unbedingt in bestimmten deutschen

00:07:09: Kliniken mal gearbeitet haben, damit ich jegliche Formen der Verletzungen mal gesehen habe, weil

00:07:15: beispielsweise Schussverletzungen, das haben wir in der Schweiz nicht, aber auch die Anzahl der

00:07:21: Größe, der OP-Sele etc. hat da noch Unterschiede, die auch ja lohnenswert sind zu wissen, weil man

00:07:28: vielleicht, wenn man das Schweizer System nicht kennt, auch erst mal überrascht ist über die Größe

00:07:33: von bestimmten Strukturen. Ja, so wenn ich da auf meine Erfahrungen zurückblicke, dann ist es auf jeden

00:07:42: fall so, dass die Arbeitsverdichtung deutlich größer war in Deutschland. Also ich bin, glaube ich,

00:07:49: mit knapp anderthalb tausenden Narkosen, die ich jetzt selber mit durchgeführt habe, bin ich nach

00:07:56: anderthalb Jahren Berufszeit in die Schweiz gegangen und habe dort Schwierigkeiten gehabt, die erforderliche

00:08:04: Zahl an Narkosen für den deutschen Facharzt, den ich damals dann in der Folge absolviert habe,

00:08:10: also deutsche Facharzt für Anästhesie, voll zu bekommen. Ich weiß die Zahlen nicht mehr ganz

00:08:17: genau, welche dazu erreichen war, aber ich weiß, dass ich in einer längeren Zeit an diesem Universitätsspital

00:08:22: weniger Case-Load hatte. Das kann man auch wieder nicht ein zu ein vergleichen in dem großen Haus

00:08:31: in Deutschland im Ruhrgebiet. Da gab es einfach viel orthopädische Chirurgie, da haben viel Hüften

00:08:38: innerhalb von 45 Minuten eingebaut und wie gesagt die Wechselzeiten spielten eine enorme Rolle,

00:08:46: also die war da praktisch gar nicht spürbar in Deutschland und in der Schweiz hatten wir

00:08:51: Wechselzeiten von Stunden, also auch bei kleinen Eingriffen. Allerdings gab es natürlich am

00:08:56: Universitätsspital dann auch große Tumorchirurgie, Transplantationschirurgie und das waren dann

00:09:02: natürlich Eingriffen, die teilweise einen ganzen Tag gehen oder eine ganze Nacht und daraus ergab

00:09:07: sich natürlich dann auch wiederum ein niedriger Case-Load. Aber auch wenn ich jetzt mal nur

00:09:12: Hüfte, Deutschland-Hüfte-Schweiz vergleiche, dann würde ich sagen, hat man zumindest vor gut zehn

00:09:20: Jahren in Deutschland wesentlich mehr Hüften in der gleichen Zeit implantiert und somit auch

00:09:25: wesentlich mehr Narkosen gemacht. Das höre ich jetzt von einer Kollegin, die sagt, es gibt

00:09:30: durchaus auch Schweizer Fachärzte oder Ärzte in Ausbildung, die den Schritt nach Deutschland

00:09:36: gehen, weil sie einfach mehr Fallzahlen, mehr operative Fallzahlen beispielsweise haben,

00:09:41: als in Schweizer Kliniken und es in der Schweiz eben auch in manchen Gebieten nicht so viele

00:09:46: Spezial-Kliniken gibt, wie das in Deutschland einfach der Fall sein kann. Ja, also das kann

00:09:52: ich nur bestätigen. Ich denke, der Case-Load ist in allen Bereichen, ich hatte es initial eigentlich

00:09:56: gedacht, ist das hauptsächlich in operativen Fächern, ist das vor allem ausschlaggebend, aber

00:10:02: ich habe jetzt auch festgestellt, dass es in den nicht operativen Fächern so ist, dass man zumindest

00:10:08: nach der Erfahrung, die ich jetzt gemacht habe in den Häusern, wo ich war, dass der Case-Load eben

00:10:11: erheblich höher ist in den deutschen Häusern und das bei geringerer Arbeitszeit muss man auch dazu

00:10:19: sagen. Eine Besonderheit, die die Schweiz im Bereich der Anästhesie aufzuwarten hat, ist ja der

00:10:25: extra Facharzt der Intensivmedizin, den man in Deutschland so nicht kennt, also man kennt die

00:10:31: Schwerpunkt oder die Vertiefung und da würde mich noch einmal interessieren, ob sie da einen

00:10:37: Einblick haben, wie sich dieser Facharzt nochmal unterscheidet, was ihn besonders macht und ob es

00:10:44: da Herausforderungen gibt, wenn man jetzt beispielsweise mit dem Schwerpunkt der Intensivmedizin in

00:10:50: Deutschland dann in den intensivmedizinischen Bereich in der Schweiz wechseln möchte. Ja, ich hatte

00:10:58: mich dann Anfangs der 2010er Jahre dann dazu entschieden, vermehrt Intensivmedizin zu machen,

00:11:05: eben auch an diesem Universitätsspital. Mein Ziel war es damals eigentlich nicht diesen

00:11:10: Schweizer Intensivtitel noch zu absolvieren, sondern eigentlich habe ich das gemacht mit der

00:11:15: Intention, ein besserer Anästhesis zu werden. Mir hat die Arbeit da auf der Intensivstation dann

00:11:22: extrem viel Freude gemacht und letztendlich habe ich mich dann von meinem damaligen Chef ein

00:11:27: Stück weit überreden lassen, dass ich doch diesen Schweizer Intensivtitel dann noch absolviere. Da

00:11:32: hatte ich dann praktisch eigentlich mein alles zusammen für den deutschen Facharzt Anästhesi,

00:11:38: weil der im Vergleich zum Schweizer Facharzt, wenn ich das noch richtig zusammenbekomme, auf

00:11:45: jeden Fall mehr Intensivzeit auch berücksichtigt. Deshalb, das war einer der Gründe, warum ich mich

00:11:49: entschieden habe, den Facharzt Anästhesi in Deutschland zu absolvieren. Und die Besonderheit des

00:11:55: Schweizer Intensivtitels ist, dass das aus meiner Sicht sehr elitär ist, muss man sagen. Also die

00:12:01: erkennen in der Schweiz wird kein anderer Intensivtitel meines Wissens anerkannt, also schon gar nicht

00:12:08: Titel, die gar keine Titel sind, sowie eben die deutsche Zusatzbezeichnung. Das einzige, was anerkannt

00:12:14: wird, ist dieser europäische Titel für Intensivmedizin. Und auch die Prüfung hat sich gewaschen,

00:12:23: kann man sagen. Die schriftliche Prüfung ist erstens der Teil der europäischen Facharzt-Prüfung

00:12:30: für Intensivmedizin. Also ich glaube, es sind 100 Multiplettioysfragen auf Englisch, auf die man

00:12:37: sich nur schwerlich vorbereiten kann, weil es jetzt nicht irgendwie ein Fragenkatalog gibt, der jetzt

00:12:42: bekanntermaßen in den letzten Jahren gestellt worden wäre. Und in der Schweiz könnte man sich dann

00:12:48: auf den Luxus 20 Kinderintensivfragen dazu stellen, auf die man sich praktisch überhaupt nicht

00:12:56: vorbereiten kann. Also da gehen die meisten wirklich random an diese Prüfung und hoffen einfach,

00:13:02: dass sie da ein ganz gutes Ergebnis haben. Und laut meinen Informationen scheitern wirklich 50%

00:13:09: an dieser schriftlichen Prüfung im ersten Anlauf, weil das ist wirklich eine knackige Prüfung.

00:13:16: Und die mündliche Prüfung, die sich dann anschließt, die ist sicher etwas gutartiger,

00:13:22: aber hat ist auch ein spezielles System. Man bekommt mehrere Fälle, auf die man sich vorbereiten

00:13:30: kann. Man hat eine gewisse Zeit, ich glaube, 20 Minuten waren es damals. Und dann kommt man zu

00:13:35: einem Prüfungskomitee, die wiederum in ihrem Protokollbogen vorgefertigte Antworten haben.

00:13:43: Davon gibt es muss Antworten und Antworten, die vielleicht nicht unbedingt gegeben müssen,

00:13:48: aber auch Punkte geben. Und von diesen Antworten müssen, die es muss antworten,

00:13:56: auf jeden Fall gegeben werden. Wenn da irgendwas fehlt, dann besteht man diese Prüfung nicht.

00:14:01: Und vielleicht um so ein Beispiel zu nennen, also wenn ich jetzt die Frage bekäme, was mache ich

00:14:08: mit einem Patienten, der jetzt kardialer Risikopatient darstellt, dann würde es zum Beispiel nicht

00:14:14: reichen, dass ich sage, dieser Patient braucht jetzt einen EKG. Ich muss mir wirklich vorstellen,

00:14:19: was passiert da eigentlich mit diesem Patienten? Ich muss sagen, dieser Patient benötigt ein

00:14:22: kontinuierliches EKG. Also dieses Wort kontinuierlich kann praktisch über Erfolg und nicht Erfolg der

00:14:28: Prüfung entscheiden. Und ja, dieses Gespür muss man entwickeln. Also freudlicherweise bieten viele

00:14:38: dann an, dass man diese Prüfungssituation dann trainiert. Weil das wirklich was Spezielles ist,

00:14:42: also das sind wir so nicht gewöhnt. Und was noch dazu kommt, ist, dass man in der Schweiz für diesen

00:14:51: Facharzt intensiv Medizin nicht einfach aus einem Gebiet kommen kann, wie ich jetzt damals aus der

00:14:56: Anästhesie. Und dann sagt so, jetzt mache ich noch intensiv Medizin, sondern die schreiben noch vor,

00:15:01: dass man ein Jahr in der Medizin gemacht haben muss. Und das war für mich eigentlich einer der

00:15:07: Hauptgründe, warum ich es damals, warum es damals über Reden Kunst brauchte, dass ich diesen Facharzt

00:15:14: noch absolviere. Weil ich war zu dem Zeitpunkt eigentlich schon Facharzt für Anästhesie, hatte

00:15:20: viel intensiv Medizin gemacht. Das waren alles Sachen, die mir wahnsinnig Spaß gemacht hatten. Und

00:15:24: dann musste ich praktisch noch mal als deutlich älterer Kollege und erfahrener Kollege Assistenzarzt

00:15:33: seit Medizin ableisten. Ja, und da war ich schwerlich zu motivieren, muss ich gestehen.

00:15:41: Das ist diese Fremdjahre, die in der Schweizer Ausbildung ja oft auch vorkommen als Assistenzarzt

00:15:47: und Assistenzärztin dieser Blick über den Tellerrand. Ja, also generell muss ich sagen,

00:15:53: finde ich das eine tolle Erfahrung. Die Schweizer Assistenzarztesch-Daten nach dem Staatsexamen

00:15:59: ganz häufig wirklich mit "Ich mache ein Jahr innere Medizin, ich mache ein Jahr Chirurgie". Und

00:16:05: dann orientieren sie sich so langsam in welche Richtung das gehen wird. Thermatologie, also

00:16:11: egal was, also ganz bunt. Die Idee finde ich nicht schlecht, so zum Laufen lernen, mal wirklich

00:16:17: sich erstmal etwas breiter aufzustellen und das System kennen zu lernen. Und ich denke auch,

00:16:24: dieses gewisse Grundverständnis hilft jedem Arzt, der später vielleicht oft Heimologe oder

00:16:29: Anastasist oder wie auch immer wird, weil er doch wirklich ein bisschen breiter sein Horizont

00:16:35: geöffnet hat, mal initial. Und das finde ich ganz elegant, macht aber auch das Berufsleben insofern

00:16:43: deutlich anders zum deutschen System. Also ich kann mich erinnern damals im Ruhrgebiet, hatte ich

00:16:47: Kollegen, die haben mit mir an diesem Haus begonnen zu arbeiten in der Anastasie und die hatten

00:16:54: genauso wie ich ihren Facharzt vertragen. Also wir konnten da fünf Jahre lang jeden Morgen

00:16:59: hinkommen und am Ende dieser fünf Jahre hätten wir nach bestandem Prüfung oder hätten wir diesen

00:17:04: Facharzt in der Tasche gehabt. Wir hätten uns nicht groß räumlich verändern müssen und eben

00:17:08: man trifft halt dann Kollegen, die haben dann schon ihre Eigentumswohnungen langsam gekauft oder

00:17:15: bekommen die Kinder. Und das ist in der Schweiz also ganz anders. Da hat das mehr so einen studentischen

00:17:22: Charakter am Anfang. Man lebt so aus der Tasche heraus, heute hier, morgen dort. Autos fahren da

00:17:31: eh nicht viele, also das kann ich nicht sagen, man lebt aus dem Kofferraum raus, aber ein Umzug

00:17:36: würde sich sicher so ziemlich schnell gestalten lassen. Man packt alles in ein Kombi und kann von

00:17:41: A nach B fahren und fängt da wieder neu an. Man trifft wenig Assistenzärzte, die jetzt schon eine

00:17:47: Familie gründen oder sich wirklich irgendwo setteln. Das unterscheidet sich doch deutlich.

00:17:53: Das hängt ja auch nochmal damit zusammen, dass man nicht nur diese Fremdjahre an sich hat, sondern

00:17:59: es gibt ja oft klare Vorgaben, in welchen Klinikarten man diese Ausbildung machen muss,

00:18:05: von Praxis über Unispital, Maximalfersorge etc. Also es ist so eine viel größere Rotation

00:18:12: eingebaut, also einen Wechselpflichten quasi. Und ich wollte nur eine kurze Anmerkung machen.

00:18:18: Ja, den Facharzt der Intensivmedizin kennen beispielsweise die Niederländer. Deswegen

00:18:23: ist man in der Schweiz sehr orientiert, niederländische Kollegen beispielsweise zu rekrutieren. Da ist es

00:18:29: dann immer eine sprachliche Frage, aber in den Niederlanden können.

00:18:33: kennt man beispielsweise diese Ausbildungsform als Facharzt oder Fachärztin.

00:18:37: Das stimmt, wobei auch der Titel nicht anerkannt wird. Also auch die müssen trotzdem in der Schweiz

00:18:42: noch mal diese Prüfung absolvieren. Ja, das erlebe ich auch oft, dass das wirklich eine

00:18:50: große Hürde ist und ich kann das auch nachvollziehen, wenn man jetzt beispielsweise in Deutschland

00:18:55: zehn Jahre Berufserfahrung hat mit diesem Feld und sich für die Schweiz interessiert,

00:19:01: dann ist das natürlich eine eingebaute Hürde. Sie haben es auch genannt, ist es ein elitärer

00:19:06: Kreis, der es natürlich auch schwierig und auch ein bisschen unplanbar macht, wie dann die Karriere

00:19:11: in der Schweiz weitergeht, weil man quasi nochmal auf die Schulbank zurück muss. Ich würde mal aus

00:19:16: der Spital-Ebene, aus der Klinik-Ebene rausgehen, Sie haben auch Erfahrungen in der präklinischen

00:19:22: Tätigkeit. Sie sind glaube ich auch regal geflogen, also Luftrettung in der Schweiz,

00:19:26: sind auch als Notarzt tätig in Deutschland und würde da nochmal ein bisschen reingehen,

00:19:32: weil das ja nochmal ein bisschen ein anderes System ist, andere Schwerpunkte hat. Und auch da

00:19:37: zum Beginn die Frage, wie ist eigentlich das Rettungswesen in der Schweiz aufgebaut? Gibt es da

00:19:45: große Unterschiede zu Deutschland in den verschiedenen Regionen in der Schweiz?

00:19:50: Einer der größten Unterschiede ist, dass es da eigentlich ein Paramedics-System gibt, das heißt

00:19:56: die Rettungssanitäter, das ist so die höchste Entwicklungsstufe der präklinischen Retter,

00:20:03: das entspricht jetzt hier in Deutschland, also zumindest von der Entwicklungsstufe, denke ich mal,

00:20:08: den Notfallsanitäter. Die haben wesentlich mehr Kompetenzen, das heißt, vielerorts gibt es gar

00:20:15: kein Notarzt, also zumindest mal jetzt im regulären System. Die Rega ist schweizweit verfügbar und auch

00:20:22: auch andere Helikopter mittlerweile, die als Notarzt-Zubringer fungieren können, aber es gibt

00:20:29: durchaus Bereiche, in denen es jetzt primär mal kein Notarzt-System gibt. Und da dürfen eben diese

00:20:36: Notfallsanitäter bis hin zur Intubation und Beatrung, dürfen eigentlich diese ganzen Maßnahmen

00:20:43: vornehmen. Die haben OPOE-Defrei, die eben kreislaufwirksame Medikamente und da ist die

00:20:51: Schweiz schon seit langem, wenn man so will, Vorreiter vielleicht, vor allem in Zeiten von

00:20:57: knappen Ressourcen. Gerade so in den Ballungsräumen ist es dann allerdings so, dass es da schon auch

00:21:03: seit längeren Zeiten ein Notarzt-System gibt, wobei die Alarmierungsstufe ist da oder die

00:21:10: Schwelle für den Notarzt ist da deutlich höher. Also da werden Notärzte wirklich bei relevanten A

00:21:16: oder B-Problemen dann involviert, aber das normale akute Coronasyndrom, der Stroke, das sind

00:21:26: alle Sachen, das macht der Rettungssanitäter in der Schweiz völlig autark. Also dazu wird

00:21:31: ein Notarzt nicht alarmiert. Es gibt doch glaube ich noch mal sehr große kantonale Unterschiede.

00:21:37: Also jedes Bundesland macht es auch ein bisschen anders in der Schweiz, gibt kein ganz einheitliches

00:21:43: System. Sie sagen, da ist die Schweiz ein bisschen vorreiter, weil sie sozusagen die Ressourcen

00:21:50: besser verteilt oder wie meinen Sie das? Ja, das ist jetzt vielleicht ein bisschen ein subjektives

00:21:57: Empfinden, aber ich denke, dass diese Menschen extrem gut ausgebildet sind, so wie das jetzt

00:22:04: mittlerweile in Deutschland auch ist, mit erreichen dieses Notfallsanitäters und ich halte es für

00:22:09: extrem sinnvoll, dass diese Leute ihre Kompetenzen auch ausüben dürfen und nicht nur einmal gelernt

00:22:16: haben und dann 20 Jahre zugucken, wie es zum Teil wesentlich schlechter ausgebildete als Notarzt,

00:22:23: tätige Kollegen, sag ich mal, dann irgendwas am Patienten machen. Also in Deutschland haben wir

00:22:29: leider Notärzte, die wenig akut medizinische Erfahrungen haben und da in der Breite unterwegs

00:22:37: sind. Gibt es da Erfahrungen, die Sie erlebt haben, wenn deutsche Notärzte in die Schweiz kommen,

00:22:44: ausgebildete Anästhesisten und dann in der Schweiz Notarzt fahren, hat es da schon mal Knirschpunkte,

00:22:52: wenn diese, sagen wir mal, anders geartete Zusammenarbeit dann in der Tat umgesetzt wird? Ich

00:22:58: sage überspitzt, in Deutschland ist der Herr in Weiß, eben der Chef am Unfall, in der Schweiz ist

00:23:05: das ja dann ein Tick anders. Gibt es da Erfahrungen, wo Sie teilen können, dass es vielleicht auch

00:23:10: eine Eingewöhnungszeit dann braucht für den Arzt in diesem neuen System? Also ich kann mir das

00:23:16: extrem gut vorstellen, dass das so ist. Bei mir war der Weg andersrum, ich habe den Notarzt-Titel in

00:23:22: der Schweiz erworben und bin dann mit diesem Titel praktisch nach Deutschland gegangen, weil

00:23:29: eben es gab nicht viele Möglichkeiten in der Schweiz oder in dem Wohnort, wo ich da war,

00:23:35: in Notarzt zu fahren und das war meine, oder ist auch nach wie vor noch meine Passion,

00:23:39: darum bin ich dann über die Grenze, um praktisch frei beruflich daneben her, immer mal auch in

00:23:45: Deutschland Notarzt zu fahren und das ist dann, ich habe es dann umgekehrt erlebt, wenn ich dann

00:23:51: als Notarzt zugebracht wurde und die Tür vom RTB aufgemacht habe, dann habe ich gemerkt,

00:23:56: wie wirklich alle zur Seite getreten sind und auf einmal, da ist der Herr Doktor und das kannte

00:24:05: ich natürlich so aus der Schweiz überhaupt nicht, erstens sind es man der Schweiz immer per

00:24:08: Du und da habe ich das eigentlich so gelebt, dass ich die Wettungssanitäter gerne ihre Arbeit

00:24:15: machen lassen und stammt dann am Rande und habe dann höchstens mal noch mal mitgedacht,

00:24:21: sage ich mal. Klar, es gibt natürlich Situationen, wenn man dann zum Politrauma kommt,

00:24:26: dann verteilen sich die Aufgaben auch automatisch, wenn man da als Team anrückt, das ist keine Frage,

00:24:33: aber diese Hierarchie, die hat mich immer extrem abgeschreckt, sage ich mal, da in Deutschland,

00:24:41: da hatte man wirklich den Eindruck, man ist dann ein Stück weit halb Gott in weiß oder

00:24:46: orange in dem Fall, das war angenehm oder das ist angenehm in der Schweiz, ja. Aber ich glaube,

00:24:53: dass das schwach sich, es schwächt sich ab in Deutschland, ich habe das Wort Hierarchie eben

00:24:58: in den Mund genommen, es bedeutet, man hört das immer mal wieder, die Hierarchie in der Schweiz

00:25:03: sei viel flacher, das kann ich überhaupt nicht unterstützen, also falls wir da nochmal gesondert

00:25:08: darüber sprechen freuen. Ja, gehen wir doch direkt rein, das ist ein gängiges Argument,

00:25:14: was ich höre aus deutscher Perspektive, dass die Hierarchie flacher ist. Ich hatte an dieser

00:25:20: Stelle einen niederländischen Arzt, der konnte das nicht bestätigen, der hat gesagt, also flache

00:25:24: Hierarchien, das kennen wir in den Niederlanden, die Schweiz hat kein flacher Hierarchie, sondern

00:25:30: er hatte große Mühe, sich anzupassen, da habe ich gesagt, viel Spaß, gehen Sie nochmal nach

00:25:34: Deutschland arbeiten, aber es gibt unterschiedliche Perspektiven, das will ich sagen. Wie haben Sie

00:25:38: es denn erlebt? Wie ist denn die Aufteilung dann in der Realität? Ich glaube, dass man das

00:25:43: vielleicht verwechselt, flache Hierarchie und diese Du-Kultur, die es in der Schweiz gibt. Also es wird

00:25:51: häufig wirklich vom Assistenzarzt bis zum Chefarzt darf sich gedutzt werden, teilweise auch vom

00:26:00: Unterassistent, was ja dem Pejopla entspricht bis zum Chefarzt, darf sich gedutzt werden, teilweise

00:26:06: auch wirklich vom Assistenzarzt bis zum CEO und so weiter, aber eben das heißt noch lange nicht,

00:26:12: dass die Hierarchie flach ist. Wenn ich da nochmal auf dieses Thema Anästhesie in meine Erfahrung

00:26:18: da zurückkommen darf, dann sieht man ja schon die Hierarchie allein an der Drahtsache, dass ich am

00:26:24: Ende als Anästhesist mit drei Jahren Berufserfahrung am Ende einer, was weiß ich, vom Varizenstrapping,

00:26:32: einer ASA-1-Patientin die Lahrungsmaske nicht alleine rausziehen durfte. Das ist für mich Hierarchie,

00:26:38: die spürbar war und eben das muss dann jeder für sich entscheiden, ob er das gut findet oder ob

00:26:46: er das nicht gut findet, aber diese ganzen, also als man hat als Assistenzarzt wesentlich weniger

00:26:53: Möglichkeiten eigenständig zu arbeiten in allen Fachgebieten, mit denen ich jetzt Berührungspunkte

00:27:00: hatte und als jetzt in meiner letzten Tätigkeit als Notfallmediziner habe ich ja eigentlich mit

00:27:06: allen Bereichen Schnittstellen und es ist wirklich nicht so, dass ein Assistenzarzt jetzt eine

00:27:12: Entscheidung trifft und sondern da wird immer noch der Oberarzt hin zugerufen und eben,

00:27:18: das hatten wir auch schon, Oberärzte sind bräuchlich noch gar keine Fachärzte, das heißt,

00:27:23: ob der Oberarzt trifft gar keine Entscheidung, sondern ruft wiederum den leitenden Arzt,

00:27:28: was so ungefähr vielleicht der Oberarzt-Ruf in Deutschland entspricht, zumindest auf der Hierarchie

00:27:34: Ebene und dieser Leitendarzt trifft dann am Ende sicher eine Entscheidung, aber bis man den erreicht

00:27:41: hat, ist eine Menge Zeit vergangen, also bis der Assistenzarzt ja oder von dem Zeitpunkt an wurde

00:27:48: Assistenzarzt einen Menschen gesehen hat, beurteilt hat, bis zu dem Zeitpunkt, wo letztendlich

00:27:53: ein Leitenderarzt erreicht wurde, der sich dann irgendwann Zeit genommen hat, darüber zu entscheiden,

00:27:59: vergehen zum Teil wirklich extrem vieles. Ich finde das ein sehr spannender Punkt, den Sie da

00:28:04: ansprechen, diese Du-Kultur und damit einhergehend für mich nochmal die Frage, wie viel Adaptionszeit

00:28:13: es für jemanden braucht, diese Schweizer Kultur zu verstehen. Der Hintergrund ist, geht glaube ich,

00:28:21: in dieselbe Richtung, wie Sie erwähnt haben. Oft verwechseln gerade wir deutsche, deutsche Sprache,

00:28:29: setzen das gleich mit gemeinsamer Kultur und kommen in die Schweiz und stellen fest, ja es hat

00:28:36: dialektisch gesehen eine gemeinsame Sprache, aber die Kultur ist doch erst mal eine sehr,

00:28:42: sehr andere. Und oft höre ich dann, die Schweizer sind so freundlich, die sind direkt beim Du,

00:28:48: das hat direkt flache Hierarchien. Und da würde mich eben nochmal interessieren, ist diese

00:28:54: unterschiedliche Auffassung von Freundlichkeit, Du-Kultur, Umgang in der Schweiz sehr höflich,

00:29:01: korrekt, nach außen sehr offen, auch eine Falle oder ein Fettnäpfchen, in die man daher hineintreten

00:29:09: kann, wenn man eben als Deutscher das vielleicht falsch auffasst mit einer flachen Hierarchie und

00:29:16: dann eben mal Entscheidungen trifft beispielsweise. Ja, in dieses Fettnäpfchen denke ich, kann man

00:29:23: als Deutscher ziemlich schnell mit angezogenen Beinen hereinspringen, würde ich sagen. Ja,

00:29:28: dieses Schweizer-Deutsch, das ist kein niedlicher Dialekt des Deutschen, also auch wenn man jetzt

00:29:35: als Deutscher, der jetzt noch nicht viel Kontakt hatte zur Schweiz, denkt, ach ja, ich verstehe die

00:29:41: Schweizer ja schon relativ gut, die sprechen ganz schön, das ist ja nicht, das ist nicht

00:29:46: Schweizer-Deutsch, dann spricht der Schweizer Hochdeutsch. Und wenn der Schweizer seine Sprache

00:29:52: spricht, dann verstehen wir das Atokmal nicht, kann man sagen. Und wenn man jetzt als Deutscher so

00:29:58: von der Sorte ist, der morgens zum Bäcker geht und sagt, ich bekomme zwei Brötchen, dann bekommt man

00:30:05: in der Schweiz einfach mal gar nichts. Also mit der Einstellung kann man, ja, das ist,

00:30:12: da läuft man wirklich gegen die Wand, da ist der Schweizer, der kann das überhaupt nicht nachvollziehen,

00:30:17: wie man so sprechen kann. Und das soll das vielleicht so ein kleines bisschen verdeutlichen. Also ich

00:30:26: glaube, man muss extrem aufgeschlossen sein, man muss sehr die Wut sein von seiner Grundeinstellung,

00:30:34: um da nicht in so ein Fettnäpfchen rein zu hüpfen. Also ich würde sagen, von meiner Person her

00:30:42: hatte ich da nie Probleme, weil, ja, das entspricht, glaube ich, meiner Art, klar, dass ich da eher

00:30:51: auf ein sehr zurückhaltender Mensch bin und da glaube ich auch ein sehr höflicher Mensch. Aber ich

00:30:58: sage jetzt mal so dieser typische Bruchpotsch, den ich jetzt ja noch vorher erlebt habe. Also da

00:31:04: konnte ich, da konnte ich im Aufklärungsgespräch für die Anesthesie, konnte ich, nachdem ich mich

00:31:11: kurz eingelesen hatte zum Patienten gehen und sagen, ah, sie haben Rücken, sie kommen wegen

00:31:15: der Bandscheimoperation und das funktioniert in der Schweiz nicht, da kann ich zum Patient gehen

00:31:20: und sagen, sie haben Rücken. Das muss schon etwas formeller laufen, aber das war mir auch von Anfang

00:31:28: an klar, als ich da war. Also das auf die Idee bin ich nicht einmal gekommen und wenn man dann dazwischen

00:31:35: mal Patienten hatte aus Deutschland, da kann man aber sagen, ah, sie kommen wegen Rücken. Dann

00:31:40: sagt man, dann spürt man den Unterschied. Jeder hat irgendwie eine Meinung zur Schweiz,

00:31:45: ein Bild von der Schweiz, auch wenn er noch nie da war, wenn er das Land noch nie besucht hat. Und

00:31:51: natürlich ist es immer so, in der Schweiz ist alles besser. Es ist ein Träumchen in der Schweiz

00:31:56: zu leben und zu arbeiten, das medizinische Gesundheitssystem ist besser etc. Ich stelle

00:32:02: jetzt mal die Frage anders drum. Was kann denn die Schweiz vom deutschen Gesundheitssystem beispielsweise

00:32:08: noch lernen, um das mal ein bisschen zu relativieren. Es gibt in der Schweiz auch Sachen, die nicht gut

00:32:14: laufen und da sie beide Systeme kennen, würde mich genau diese Frage mal brennen interessieren,

00:32:19: wo die Schweizer gerne auch mal über den Tellerrand schauen können in die Nachbarländer.

00:32:24: Aus meiner Erfahrung heraus laufen wir ja überall in ein großes Missverhältnis rein,

00:32:32: zwischen Kosten, die das Gesundheitssystem verursacht und dem, was dem gegenüber steht.

00:32:38: Man sagt, oder ich habe das jetzt häufig gehört, dass alles, was wir in Deutschland im Gesundheitssystem

00:32:44: erleben, das kommt in der Schweiz auch einfach zehn Jahre später. Das ist jetzt nicht ein Zitat von

00:32:48: mir, sondern das habe ich ganz häufig gehört. Das war zum Beispiel auch mit den Einführungen

00:32:53: von D&G zum Beispiel so. Und glaube, dass da noch eine riesengroße Kostenproblematik in der Schweiz

00:33:00: auf das Gesundheitssystem zukommt. Und ich habe das Gefühl, man muss sich dem schon viel schneller

00:33:07: irgendwie entgegenstellen. Und das bedeutet in meiner Auffassung, zumindest in den Bereichen,

00:33:13: die ich kenne, dass man Kompetenzen etwas weiter Richtung Boden wieder verteilen dürfen sollte,

00:33:22: damit Prozesse insgesamt schneller ablaufen können. Es muss mehr Verdichtung rein in die Arbeit

00:33:31: und sich vielleicht auf das Wesentliche fokussiert werden. Sie hat das im Anfang gesagt, Skills und

00:33:41: Workload ist in Deutschland irgendwie höher in, ich habe dazu gedacht, in kürzerer Zeit. Also,

00:33:47: ich meine, als Assistenz hat man zum Beispiel vielerorts noch von vornherein 50 Stunden,

00:33:52: wo da wird auch gerade dann gearbeitet, dass das ein bisschen reduziert wird. Aber auch in der

00:33:58: Schweiz bleibt es bei diesen 50 Stunden häufig nicht. Also 50 Stunden bedeutet, man fängt um,

00:34:05: ich sage mal, 7 Uhr 30 an. Und Ende der Arbeitszeit ist dann 18 Uhr 30, weil in diesen 10 Stunden

00:34:13: ist noch eine Stunde Pause. Die wird in der Schweiz auch genommen. Also, dass das vielleicht noch

00:34:18: ein großer Unterschied. Nach dem ersten Frührapport geht man erst mal geschlossen, irgendwo net

00:34:22: Kaffee trinken. Das hat was. Aber das muss man auch mögen. Also, bei mir ist es so, ich konnte

00:34:32: das häufig nicht. Also, ich musste irgendwie loslegen, weil ich wusste irgendwann kommt es

00:34:37: immer dicker und also vor allem in der Notaufnahme. Und ich möchte gerne meine Arbeit machen

00:34:43: und irgendwann halt auch wieder nach Hause gehen. Und die Assistenzärzte, die kommen halt dann also

00:34:47: um 18.30 sind sie dann trotzdem häufig noch nicht fertig mit der Arbeit. Also, auch da gibt es dann

00:34:52: einfach Überstunden. Und das halte ich für nicht gut, dass junge Kollegen und Kollegen da so lange

00:34:58: in der Klinik sind, das schafft einfach keine Zufriedenheit. Ich meine, mir ist schon auch klar,

00:35:02: dass man das in Deutschland nicht überall die Assistenzärzte um 5.00 Uhr, 7.40 Uhr aus der

00:35:07: Klinik kommt. Aber dann ist es vielleicht 17 Uhr und nicht eben 19.30 oder so. Ja, ist auch, denke ich,

00:35:15: ein großer Wunsch der jüngeren Kollegen, Kolleginnen, was ich so höre, da eine planbare

00:35:20: Zeit auch für die Hobbys und die Familie zu haben. Auch eine große Angst immer verbunden,

00:35:26: dass man ja zu viel arbeitet und irgendwie krank wird oder ins Burnout geht. Und das ist ja

00:35:31: eigentlich das, was keiner will, weil dann stehen die Leute dauerhaft vielleicht dem Gesundheitswesen

00:35:35: nicht mehr zur Verfügung oder entscheiden sich beruflich anders. Spannende Perspektive,

00:35:42: gebe ich gerne mal an die Schweizer Kollegen weiter. Ich kann das in der Ferne auch nur teilen,

00:35:47: dass ich eigentlich immer sehr spannend finde, den Blick aus der Schweiz ins Ausland mal zu richten,

00:35:52: weil, wie Sie es angesprochen haben, Herausforderungen in anderen Ländern schon viel akute sind,

00:35:58: also Finanzierungsfragen, Fachkräftefragen und die Schweiz da auch einfach die Zeit noch nutzen

00:36:05: kann und auch von den anderen lernen kann, sich dazu adaptieren, gut vorbereitet zu sein.

00:36:11: Herr Dr. Schmitz, ich danke Ihnen vielmals für die tollen Einblicke. Ich glaube, einige

00:36:17: Kolleginnen und Kollegen hören ganz gespannt zu, werden Sie vielleicht auch kontaktieren. Das waren

00:36:22: wirklich schöne Blicke hinter die Kulissen in die Schweiz, aber auch mit der Perspektive aus Deutschland.

00:36:28: Vielen Dank dafür. Sehr gerne, Herr Werner. Ich danke auch für die Einladung. Gerne. Und ich

00:36:35: danke dir auch fürs Zuhören. Wenn du als Arzt, Ärztin Pflegekraft Fragen zur Schweiz hast,

00:36:42: schreib mir gerne eine Nachricht an info@docsgoswiss.ch oder über die Website den Newsletter abonnieren

00:36:50: mit aktuellen Informationen und wie immer an dieser Stelle Gesundheit. Wir hören uns und bis

00:36:55: bald. Adi Martin Werner. Tschüss.

00:36:58: [Musik]

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